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Auswertung der Aufzugsdaten (Teil 1)

Seit mittlerweile über zwei Jahre sammle ich automatisiert Daten über die Verfügbarkeit der Aufzüge der DB. Hierfür stellt die DB eine wunderschöne API zur Verfügung.

Funktionsweise der Datenerfassung

Mein Webserver ruft jeden Tag um 12:00 Uhr die API der DB auf. Dazu wird die Abfrage https://apis.deutschebahn.com/db-api-marketplace/apis/fasta/v2/facilities?type=ELEVATOR&state=ACTIVE,INACTIVE,UNKNOWN&area= ausgeführt. Die dabei gewonnenen Daten werden in eine mySQL-Datenbank und in JSON-Dateien gespeichert. Die Datenbank dient den laufenden Auswertungen im Bahnhofsmonitor. Zusätzlich wird sie als Grundlage für die jetzt folgenden Datenauswertungen genutzt.

Erste Datenauswertungen

Da ich jetzt für zwei volle Jahre Daten habe, möchte ich in die Auswertung der Daten stürzen. Insgesamt sind dabei 1.828.575 einzelne Datensätze erfasst worden.

Als erste Auswertung werfen wir mal einen Blick auf die tagesbezogene Gesamtzahl an Aufzügen. Dieses ermöglicht uns, uns einen schnellen Überblick über den Datensatz zu verschaffen und die Funktionsfähigkeit der Datenerfassung einschätzen zu können.

Wir sehen, dass uns an vier Tagen (02.03.2022, 28.04.2022, 25.07.2023 und 21.08.2023) Daten fehlen. Bei einem Betrachtungszeitraum von 730 Tagen ist das vernachlässigbar.

Während des betrachteten Zeitraums wurden etwa 120 neue Aufzüge in Betrieb genommen. Dies ergibt pro Monat einen Neubau von etwa 5 Aufzügen.

Ebenso spannend ist neben der Gesamtzahl an Aufzügen deren Betriebszustand. Wenn man sich die relativen Werte ansieht, ergibt sich folgendes Bild:

Der Anteil der betriebsbereiten Aufzüge liegt gleichbleibend bei etwa 92% bis 95%. Gleichbleibend sind etwa 5% der Aufzüge nicht betriebsfähig. Es ist in der Tendenz eine leichte Verschlechterung des Anteils nicht betriebsbereiter Aufzüge zu erkennen.

Bei der Interpretation der Werte ist zu berücksichtigen, dass je nach Fahrgastaufkommen die Auswirkungen eines Defekts unterschiedlich stark sind. Ebenso ist zu beachten, dass für viele Bahnfahrten die Nutzung mehrerer Aufzüge erforderlich ist. Der Anteil problemloser Bahnfahrten sinkt dadurch wiederum.

Ich würde mich sehr über Ideen für weitere Auswertungen freuen.

(02.01.2024)

Warum eine barrierefreie Bahn nicht so einfach ist

4 Standards

Für einen stufenfreien Einstieg ist es erforderlich, dass sich Fahrzeugboden und Bahnsteig etwa auf der gleichen Höhe befinden. Da Bahnsteige vielfach von verschiedenen Fahrzeugen bedient werden sollen, ist hier eine Standardisierung erforderlich. Diese ist auch erfolgt. Im deutschen Eisenbahnnetz gibt es dabei vier Standardbahnsteighöhen: 38cm, 55cm, 76cm und 96cm. Ich werde mich in diesem Blogpost ausschließlich auf Deutschland fokussieren. In anderen Ländern werden auch andere Höhen eingesetzt.

3 Stufen in den Zug

Warum gibt es überhaupt vier Standardbahnsteighöhen? Dieses hat - wie so oft - historische Gründe. Ursprünglich sind Werte von etwa 35-40cm vorhanden gewesen. Diese hatten den Zweck, dass aus Wagen mit 1m Fußbodenhöhe über drei Stufen ausgestiegen werden konnte. Auf diesem Wege konnten Bahnsteige mit geringem Materialaufwand gebaut werden. Ein höhengleicher Zugang über andere Gleise war ebenfalls möglich. Da eine Barrierefreiheit ohnehin nicht möglich ist, waren Abweichungen nicht weiter tragisch.

Stufenfrei rein und raus

Mit der Einführung von Stadtschnellbahnsystemen ergab sich ein neues Problem. Bedingt durch dichte Zugfolgen, viele Ein- und Aussteiger und viele Halte führten die Stufen zu deutlichen Fahrzeitverlängerungen. Aus diesem Grund wurden die Bahnsteige auf eine Höhe von knapp 1m erhöht, sodass ein stufenfreier Ein- und Ausstieg aus den Stadtschnellbahnzügen, die ebenfalls diese Höhe aufwiesen möglich wurde. Die entstandene Barrierefreiheit war ein positiver Nebeneffekt, der aber zumeist am Bahnsteigzugang scheiterte.

55 oder 76 - das ist hier die Frage

Eine aktuell diskutierte Frage ist die Frage, ob 55 oder 76cm die Bahnsteighöhe für die Zukunft sind. Einige Bundesländer haben Bahnsteige auf 55cm Höhe, andere 76cm Bahnsteighöhe. Eine visuelle Darstellung findet sich z.B. bei Wikimedia.

Bahnsteige mit 55cm bieten bei ihrem Bau große Vorteile. Durch die niedrigere Höhe kann der Materialbedarf deutlich reduziert werden und somit Baukosten eingespart werden. Im Gegenzug sind fast immer Höhenunterschiede im Fahrzeuginnenraum mittels langer Rampen oder Stufen zu überwselinden. Außerdem muss ein größerer Teil der Fahrzeugtechnik oberhalb des Wagenbodens untergebracht werden, sodass im Fahrgastraum Kapazität fehlt.

Der Fernverkehr selbst ist auf verschiedene Bahnsteighöhen optimiert. Während aus sämtlichen aktuell bestehenden Fernverkehrszügen - außer dem IC2, der auf 55cm Bahnsteighöhe mittels Spaltüberbrückung und auf 76cm Bahnsteighöhe über eine im Fahrzeug verbaute Rampe einen stufenfreien Zugang bietet - Rollstuhlfahrer mittels fahrzeugeigener oder mobiler Rampe ein- und ausgeladen werden müssen, wird bei Neuentwicklungen, wie dem ICE-L ein stufenfreier Einstieg vorgesehen.

Und nun…?

Wir werden erstmal nicht über provisorische Lösungen hinwegkommen. Neugekaufte Züge haben eine Lebenserwartung von etwa 30 Jahren. Diese sind grundsätzlich auf eine einzelne Einstiegshöhe ausgelegt. Insbesonde in Grenzbereichen verschiedener Bahnsteighöhen müssen somit Hilfslösungen gefunden werden. Hier können ausfahrbare Rampen oder auch händisch bediente Überfahrbühnen eingesetzt werden.

(30.04.2023)

Zu schnell in eine zu enge Kurve: die Zugentgleisung von Niederlahnstein

Die Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung hat den Untersuchungsbericht zur Zugentgleisung von Niederlahnstein veröffentlicht.

In diesem Blogpost möchte ich die Ergebnisse einordnen.

Hergang

DGS 49077 war am 30.08.2020 gegen 18:35 Uhr für das Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) Laeger&Wöstenhöfer GmbH & Co. KG als Kesselwagenganzzug unterwegs von Rotterdam nach Basel. Im Raum Koblenz war ein Wechsel von der linken auf die rechte Rheinstrecke vorgesehen. Hierzu sollte dieser im Koblenzer Hauptbahnhof auf die Horchheimer Brücke fahren und von dieser im Bahnhof Niederlahnstein auf die rechte Rheinstrecke wechseln. Beim Streckenwechsel passierte die Entgleisung.

Folgen

Es wurde eine Person verletzt. Bedingt durch Beschädigungen zweier Kesselwagen kam es zum Austritt von etwa 180.000 Litern Dieselkraftstoff, welche den Untergrund verunreinigten. Diesel besitzt einen hohen Flammpunkt, sodass es nicht zu einer Entzündung kam. Der Sachschaden belief sich auf knapp 20 Millionen Euro.

Gleiszustand

Ein guter Gleiszustand ist unabdingbar für einen sicheren Bahnbetrieb.

Trassierung

Die Trassierung, also die vorgesehene Gleislage entsprach nicht den Vorgaben. Im Unfallabschnitt befand sich zunächst eine Weiche mit einem Abzweigradius von 190 Metern, welche abzweigend mit 40 km/h befahren werden kann. Dieses ist die Regelausführung. Unmittelbar hieran schloss sich ein Gleisbogen mit einem Radius von 150 Metern an, dieses ist bei Geschwindigkeiten von 40 km/h nur in Ausnahmefällen und mit vorheriger Genehmigung der Konzernzentrale zulässig. Beides lag nicht vor. Zwar müssen alle Züge unfallfrei Radien von 150 Metern durchfahren können. Dieses ist aber nur bei geringeren Geschwindigkeiten zu gewährleisten.

Gleiszustand

Bei der letzten Befahrung des Gleises durch einen Messzug wurde eine Abweichung von 20 mm von der Regelgleislage festgestellt. Dieser Fehler ist normalerweise nicht so kritisch, dass er sofortige Maßnahmen erfordert hätte. Eine Beseitigung bis zur nächsten Regelinspektion ist ausreichend. Bei einer deutlichen Abweichung der Trassierung von den Regelwerten wäre es allerdings angebracht gewesen, das Gleis schon bei so einem Gleislagefehler zu sperren.

Im Vorfeld des Ereignisses wurde von verschiedenen Triebfahrzeugführern beim Befahren dieses Gleisabschnittes eine schlechte Gleislage an den Fahrdienstleiter gemeldet. Eine solche Meldung ist vom Fahrdienstleiter an eine Fachkraft Oberbau weiterzuleiten. Bis zur Freigabe durch diese ist das Gleis zu sperren. Dieses ist jedoch nicht erfolgt.

Verhalten des Triebfahrzeugführers

In den Medien wurde bereits das Verhalten des, bei einem Personaldienstleisters angestellten, Triebfahrzeugführers hervorgehoben. Die Aufgaben eines Triebfahrzeugführers sind insbesondere die sichere Durchführung des Eisenbahnbetriebs unter Beachtung der geltenden Vorschriften.

Übernahme des Zuges

Den Unglückszug hat er Im Bahnhof Köln-Ehrenfeld übernommen. Die dort für 15:14 Uhr vorgesehene Abfahrt erfolgte dort um 17:10 Uhr. Im Rahmen der Zugvorbereitung musste er den Bremszettel neu fertigen, da die Wagenreihung gegenüber der vorherigen gemeldeten Reihung abweichend war. Ebenfalls mussten Eingaben für das Zugbeeinflussungssystem PZB gemacht werden. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit des Zuges betrug 90 km/h.

Eingaben für die Zugbeeinflussung

Der Triebfahrzeugführer musste dem Zugbeeinflussungssystem die notwendigen Informationen übergeben, damit dieses seine Arbeit korrekt verrichten kann.

Die Tf-Nummer dient der Nachvollziehbarkeit der Fahrzeuge. Moderne Züge schreiben allerlei Informationen mit (ähnlich der Blackbox im Luftverkehr). Diese können bei Bedarf ausgelesen und so einem konkreten Triebfahrzeugführer zugeordnet werden. Diese Nummer wird vom Eisenbahnverkehrsunternehmen vergeben. Der Triebfahrzeugführer hat hier eine, nicht nachvollziehbare, Nummer eingeben. Dieses ist bereits ein Fehler.

Die Bremsart gibt insbesondere darüber Auskunft, wie schnell Bremsen anlegen. Druckluftbremsen können Informationen nur mit maximal Schallgeschwindigkeit übermitteln. Bei langen Güterzügen würde es daher dazu kommen, dass der hintere Teil schwungvoll auf den vorderen aufläuft. Daher gibt es eine eigene Bremsstellung "G" für diese Fälle. Für Personenzüge (ältere, damit nicht so gut bremsend) und Züge mit schnell wirkender Bremse (moderne Personenzüge) gibt es dann noch die Bremsstellungen "P" und "R". Wenn im Zug Wagen mit der Bremsstellung "G" eingereiht sind, ist zwingen die untere Zugart zu verwenden. Die Zugart der Zugbeeinflussung gibt die Einschränkungen des Zuges vor. Je höher die Zugart ist, desto weniger restriktiv sind die Vorgaben. Dafür muss der Zug besser bremsen können. Entgegen der Vorgaben wurde trotz vorhandener Bremsstellung "G" im Zugverband die mittlere Zugart gewählt.

Die mittlere Zugart überwacht eine Höchstgeschwindigkeit von 125 km/h.

Fahrt bis zum Knoten Koblenz

Die Fahrt bis zum Knoten Koblenz verlief ziemlich rasant. Der Zug war mehr oder weniger durchgehend deutlich zu schnell unterwegs. So wurde die zulässige Höchstgeschwindigkeit des Zuges von 90 km/h insgesamt sechsmal überschritten. Zwischen Bonn und Remagen wurde sogar für etwa 18 Minuten mit Geschwindigkeiten um die 100 km/h gefahren. Zwischen Remagen und Andernach erreichte der Zug mit 107 km/h seine höchste Geschwindigkeit. Zulässige Geschwindigkeiten sind im Bahnverkehr stets einzuhalten.

Annäherung an Niederlahnstein

Die Horchheimer Brücke ist für Geschwindigkeiten von 60 km/h befahrbar. Die zulässigen Geschwindigkeiten im Bahnhof hängen vom gewählten Fahrweg ab. Erfolgt die Durchfahrt entlang der Bahnsteige, so ist diese mit 60 km/h möglich. Bei einer Nutzung der Durchfahrtsgleise der rechten Rheinstrecke ist eine Durchfahrt mit 40 km/h, welche dem Triebfahrzeugführer mit dem Signalbild Hp2 - Langsamfahrt angezeigt wird. Da keine abweichenden Geschwindigkeiten vorgegeben waren, waren nur maximal 40 km/h erlaut. Das Einfahrsignal passierte der Zug mit 61 km/h und beschleunigte in der Folge weiter. Die später eingeleitete Betriebsbremsung war nicht nur für Gefahrensituationen nicht zugelassen, sie war auch, weil zu schwach, ungeeignet.

erfahrener Eisenbahner?

Der Triebfahrzeugführer war im Besitz der für das Führen dieses Zuges erforderlichen Dokumente. Lediglich der Prüfvermerk des Streckenkundenachweises war nicht unterschrieben.

Der Triebfahrzeugführer war bereits im Vorfeld immer wieder durch Signalverfehlungen (unzulässige Vorbeifahrten an Halt-Signalen) und überhöhte Geschwindigkeiten aufgefallen. Zwei Unternehmen entzogen ihm daraufhin bereits die unternehmensinternen Bescheinigungen. Wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung wurde bereits eine Nachschulung veranlasst.

Wie nach dem Unfall bekanntgeworden, hat der Triebfahrzeugführer in der Vergangenheit wiederholt ein privates Mobiltelefon während der Dienstausübung genutzt. Dieses ist nicht zulässig.

Aufgrund der Vielzahl schwerwiegender, wiederholter und sicherheitsrelavanter Regelverstöße kam die Führerscheinstelle beim Eisenbahnbundesamt zum Schluss, dass die notwendige Zuverlässigkeit fehle und entzog dem Triebfahrzeugführer den Triebfahrzeugführerschein. Jetzt kann man sich natürlich für sein verantwortungsloses Handeln in Grund und Boden schämen und die Branche unauffällig wechseln. Oder man klagt. Und verliert sowohl beim Verwaltungsgericht und beim Oberverwaltungsgericht.

(31.08.2022)

Guten Tag, eine Vereinsregisterauskunft bitte

Neulich brauchte ich eine Vereinsregisterauskunft. Gut, ich kenne ja handelsregister.de, also dachte ich mir: Hey, dann ziehen wir kurz eine. Kostet zwar 4,50 €, aber das war es mir wert.

Nun handelt es sich hierbei nicht um einen kommerziellen Anbieter, sondern um eine Behörde. Also wird es jetzt richtig lustig.

Als "Unregistrierter" diese Plattform zu nutzen ist nicht möglich, also registrieren wir uns mal eben. Ja, ich sagte "mal eben" bei einer Behörden-Website…

"

Also nehmen wir einen schönen Nutzernamen. Zum Glück ist "irene.mustermann" noch frei. Also verwenden wir ein gescheites Passwort. Und was sagt diese Website?

Also erstmal nichts dazu, dass durch ein entsprechendes HTML-Tag die Länge des Passworts auf maximal 50 Zeichen eingekürzt wird. Was man aber bekommt, ist ein Hinweis, dass die Zeichen "*" und "%" nicht erlaubt sind.

Irgendwas sagt mir, dass man Angst vor einer SQL-Injection hat. Bei Passwörtern sollte das überhaupt kein Problem darstellen, da diese sowieso gehasht gespeichert werden sollten. Diese Einschränkung weckt den Eindruck, dass dieses nicht der Fall ist.

Wenn man alle geforderten Daten eingibt, erhält man im Fuß der Seite (nur sichtbar, wenn man nach ganz unten scrollt) einen Hinweis, dass man die PDF-Datei ausdrucken soll.

Auf der nächsten Seite gibt es die (einzige Möglichkeit) den Antrag herunterzuladen und handschriftlich unterschrieben an das Amtsgericht Hagen zu senden.

Ja: "Bitte drucken Sie das Internet aus und faxen Sie es uns."…

Nun haben wir leider versäumt, uns das Internet auszudrucken, also versuchen wir, uns anzumelden und den Ausdruck nachzuholen.

Nach Eingabe der richtigen Zugangsdaten erhalten wir folgendes Bild:

"Die Anmeldedaten haben nicht übereingestimmt." Interessant, wo ich doch die Anmeldedaten in meinem Passwort-Manager hinterlegt habe.

Aber gut, eventuell stimmt nur das Kennwort nicht, also mal den Passwort-Reset-Link geklickt. Nach Eingabe des Nutzernamens erschien folgende Meldung:

"Bitte geben Sie hier Ihren Benutzernamen ein." Ich habe aber doch einen Benutzernamen hinterlegt.

Also probieren wir uns neu zu registrieren, doch, man ahnt es ja schon:

"Dieser Benutzername ist leider schon vergeben." Ach, aber leider erinnert ihr euch ja nicht mehr dran…

Weil ich dieses ganze Konzept für grundlegend kaputt halte, dachte ich mir: Sagen wir denen mal Bescheid, also ein umfangreiches Mail geschrieben. Nach kurzem Hin und Her ohne irgendwelche Erkenntnisse ergab sich, dass man dort selbst keinen Plan hat, was dort passiert.

Die Plattform soll noch dieses Jahr gänzlich umgestellt werden, hoffen wir mal, dass dieses schnellstmöglich passieren wird.

(25.05.2022)

Behörden und dieses Internet

Durch einen mittlerweile gelöschten Tweet der IHK Schwaben bin ich auf einen faszinierenden Service des bayerischen Staatsministeriums für Digitales (STMD) gestoßen.

Da ja mittlerweile ständig der ganze Planet gehackt wird und schwache Passwörter, die die Leute überall eingeben, ein riesiges Problem sind, hat das STMD sich einen genialen Service ausgedacht:

Einen Passwort-Check!

Da solche Angebote grundsätzlich eine gewisse Faszination haben, habe ich es mir mal angeschaut. Zunächst einmal sei gesagt, dass die Sicherheit eines Passworts davon lebt, dass man niemandem es verrät oder es auf irgendwelchen Webseiten eingibt.

Also probiert man halt ein paar Passwörter (nicht die eigenen) aus und stellt fest, dass die Erkennung grundsätzlich funktioniert. Aber so wirklich gut ist die Erkennung einer Gefahr bei dictonary attacks nun auch nicht, wie folgendes Beispiel zeigt.

Dieses Passwort wirkt erstmal recht sicher, aber es ist 4.762 der beliebtesten Passwörter und wird sich daher auf wahrscheinlich so ziemlich jeder Liste finden, die für solche Angriffe genutzt wird.

Die Seite verspricht zwar, dass die Daten nicht übermittelt oder gespeichert werden, dieses ist aber von außen quasi nicht nachprüfbar.

Aber neben der Tatsache, dass die ganze Idee schon arg deppert ist, wirkt auch die Umsetzung eher nach Computer-AG der Gesamtschule Oberpfaffenhausen und nicht nach einem professionell initiierten Projekt.

Da dieses Online-Tool ja auch ohne Netzwerk-Verbindung funktionieren soll, müssen sämtliche Datenlisten übermittelt werden. Warum sollte man sich diese Listen nicht einfach mal anschauen?

Ich sprach ja oben bereits von dictonary attacks, also dem Abgleich des genutzten Passwortes mit einer Liste besonders beliebter Passwörter. Diese Liste umfasst üblicherweise einen Umfang von mindestens einigen Hunderttausend Passwörtern. Also werfen wir mal einen Blick auf die entsprechende Datei des STMD passwordlist.txt. Wir stellen fest, dass dort nur 69 (sic!) Passwörter gelistet sind. Diese Passwörter sind allesamt …äähm… komisch.

Das erste Passwort kommt dem geneigten Postillon-Leser vielleicht bekannt vor. Aber manch andere Passwörter wirken echt fiktiv. Wer nutzt bitteschön "MeinenKaffeeimBürotrinkeichimmerum9Uhr+7Minuten." als Passwort? Selbst HaveIBeenPwned kennt es nicht. Insgesamt wirkt die Liste eher nach einer Demonstration.

Wo wir schon bei merkwürdigen Strings sind, es gibt ja auch noch die Datei surnames.txt. Hier hat das Staatsministerium alle möglichen (insgesamt 10.382) Nachnamen aufgelistet. Wobei… Meiner fehlt. Insgesamt wirken vielen Nachnamen eher wie das Mitgliederregister der CSU, als wie häufig vorkommende Nachnamen.

Die Datei swiss.txt macht vom Dateinamen den Eindruck, als wären dort insbesondere Schweizer Begrifflichkeiten genutzt. Es enthält insgesamt 351.562 Einträge, die durchaus südlich konnotiert sind. "Moin" beispielsweise kommt nicht vor.

Um auch beliebte Sequenzen abprüfen zu können, dient die Datei sequences.txt. Diese enthält auf 1.064 Zeilen beliebte Sequenzen, wobei man Zeichenwiederholungen von je 3 bis 10 Zeichen nicht wie normale Menschen algorithmisch verhindert, sondern diese explizit in diese Datei schreibt.

Nun gelten wohl nach STMD-Definition Tastaturfolgen nicht als Sequenz, sodass man hierfür eine weitere Datei, die keyboard.txt benötigt. Aber auch hier hat man nicht eine kurze Darstellung der Tastaturbelegung gemacht und den Rest algorithmisch abgeprüft (z.B. durch Entfernungen zwischen aufeinanderfolgenden Zeichen auf der Tastatur), sondern alle möglichen Kombinationen (insgesamt 8.852) mit je maximal fünf Zeichen in dieser Datei explizit abgespeichert.

Aber man denkt auch international. Es gibt dafür natürlich auch eine Datei, die den Namen english.txt trägt. Ja, es sind nur englische Wörter hinterlegt, andere nicht-deutsche Sprachen sind ja für Bayern nicht vorgesehen. Auch in dieser Datei ist – gefühlt – das gesamte englische Wörterbuch explizit auf 97.531 Zeilen dargestellt. wobei auch Variationen explizit angegeben sind (z.B. "midyear" und "midyears").

Es gibt noch eine absurde Datei, die dates.txt, welche alle möglichen Kalenderdaten beinhaltet (aber auch nur von 1990 bis 2020…). Die Anlage von Kalenderdaten ginge theoretisch ohne irgendwelche Daten (was übrigens auch bis immer ginge…). In dieser Datei wird jedes Datum in zwei Schreibweisen (dd.mm.yyyy und dd/mm/yyyy) geschrieben. Dass man das Datum auch gerne in der Form dd.mm.yy schreibt, wird ignoriert. Die Variante mit dd/mm/yyyy wird übrigens quasi nicht genutzt (die amerikanische Schreibweise ist nämlich mit mm/dd…). Die Idee dieser Liste ist, dass man keine Geburtsdaten angeben kann. Aber ältere Personen, die vor 1990 geboren wurden, werden ignoriert. Wenn man das Geburtsdatum seiner Kinder angeben will, wird dieses nur bis 2020 erkannt.

Aber ich möchte gerne mit einem Verbrauchertipp schließen. Woran erkennt man nun ein sicheres Passwort?

edit: So wie es aussieht, haben die mittlerweile das einzig richtige gemacht und das Angebot gelöscht. Schade, es hat uns doch so gut als schlechtes Beispiel gedient.

(05.03.2022)

Begriff des Risikos

Ich möchte im folgenden Text mal versuchen mit der Brille des Ingenieurs zu erklären, was eigentlich unter »Risiko« verstanden wird.

An vielen Stellen hört man, gerade während der aktuellen Pandemie, den Begriff des "Risiko", sei es bei der Diskussion über Impfschäden oder das Risiko einer Erkrankung. Leider wird der Begriff oft falsch verwendet, wodurch wichtige Einflussparameter verloren gehen.

Die allgemeine Definition betrachtet Risiko als das Zusammenspiel von Schadenshäufigkeit und Schadensausmaß. Im Folgenden wollen wir uns dieses näher ansehen.

Man muss also nur die möglichen Schäden mit ihren Ausmaßen und Eintrittswahrscheinlichkeiten kennen und schon kann man das Risiko bestimmen. Selbstverständlich ist dieses nicht so einfach.

Betrachten wir zunächst das Schadensausmaß. Dabei spielt die Art eines Schadens eine erhebliche Rolle. Das Schadensausmaß kann grundsätzlich von Sachschäden über leichte und schwere Verletzungen bis hin zum Tod reichen. Nun mag man grundsätzlich fordern, dass Tote unbedingt zu verhindern seien und auch die anderen Schäden auf das technisch mögliche Minimum zu minimieren seien. Dieses ist leider nicht praktikabel. Wir werden also in die moralisch schwierige Situation kommen, den Tod von Menschen mit anderen Schäden aufzurechnen und mit Kosten für die zu ergreifenden Maßnahmen zu vergleichen. Wir müssen körperliche Schäden monetarisieren. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass insbesondere für getötete Personen dementsprechend hohe Werte angesetzt werden, welche zur Vermeidung dieser Schäden drängen.

Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Schäden zu bestimmen, ist oft mit hohem Aufwand verbunden. Da wir in vielen technischen Bereichen eine sehr niedrige Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Schadens haben, welche im Bereich von SIL (Sicherheitsintegritätslevel) 4 liegt, also ein Fehler seltener als alle 100 Mio. Betriebsstunden (etwa 11.400 Jahre), kommen Auswertungen bisheriger Erfahrungswerte schnell an ihre Grenzen. Mit der systematischen Ermittlung dieser Wahrscheinlichkeiten verdienen ganze Ingenieurbüros gutes Geld.

Wenn man also das Risiko minimieren will, gibt es zwei grundsätzliche Möglichkeiten. Einerseits kann man versuchen die Wahrscheinlichkeit eines Schadens zu minimieren und somit die aktive Sicherheit verbessern. Andererseits kann man versuchen, dass Schadensausmaß bei einem Ereignis zu minimieren und somit die passive Sicherheit verbessern.

In vielen Fällen genügt die Kenntnis lediglich eines Risikos nicht. Bei vielen Entscheidungsfragen müssen verschiedene Risiken verglichen werden. Dieses erfolgt anhand verschiedener Kriterien, welche auch eine starke kulturelle Prägung aufweisen. Daraus resultiert eine national unterschiedliche Sicherheitsphilosophie.

Nun mag man fragen, ob die Minimierung des Risikos als alleiniges Ziel setzen sollte. Leider ist dieses oft nicht sinnvoll. So akzeptieren wir im Leben durchaus auch erhöhte Risiken, beispielsweise beim Überqueren einer roten Ampel, wenn dieses angenehmer erscheint. Auch führt jedes arbeitende System zu einer Risikoerhöhung, welche in Kauf genommen werden muss, da diese Systeme sonst keinen Nutzen entfaltet. Oder wie die Eisenbahner sagen: »Der einzig sichere Zustand ist der absolute Stillstand.« Das ist jedoch keinesfalls als Ziel geeignet.

(03.01.2021)

Ministerpräsidentenwahl in Thüringen

In diesem Blogpost möchte ich mich zu der Ministerpräsidentenwahl im Freistaat Thüringen widmen.

Am 5. Februar 2020 fand im Thüringer Landtag die Wahl des Ministerpräsidenten statt. Nach der Landtagswahl am 27. Oktober 2019 sind dort DIE LINKE mit 29, die AfD mit 22, die CDU mit 21, die SPD mit 8 und die Grünen und die FDP mit jeweils 5 Sitzen vertreten, wobei die FDP mit 73 Stmmen, bzw. einem Stimmenanteil von 5,0066% den Wiedereinzug in den Landtag nur knapp erreichte.

Die Parteien DIE LINKE, SPD und die Grünen planten eine Minderheitsregierung mit 42 von 90 Landtagsmandaten. Da sowohl CDU als auch FDP eine Kooperation mit der AfD ausgeschlossen hatte, gingen viele – mich eingeschlossen – davon aus, dass die Wahl des Amtsinhabers Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten im dritten Wahlgang glücken werden wird.

In den ersten beiden Wahlgängen ist eine absolute Mehrheit, ab dem dritten Wahlgang eine relative Mehrheit erforderlich.

Im ersten Wahlgang erhielt Bodo Ramelow (DIE LINKE) 43 Stimmen, Christoph Kindervater (parteilos, für die AfD, abwesend) 25 Stimmen, 22 Abgeordnete enthielten sich der Stimme. Auffällig ist bereits hier, dass mindestens ein Abgeordneter, der CDU, FDP oder AfD für Ramelow stimmte. Ferner erhielt Kindervater mindestens drei Stimmen anderer Parteien als der AfD.

Im zweiten Wahlgang erhielt Bodo Ramelow (DIE LINKE) 44 Stimmen, Christoph Kindervater (parteilos, für die AfD, noch immer abwesend) 22 Stimmen, 24 Abgeordnete enthielten sich. Hier fällt auf, dass mindestens zwei Abgeordnete der CDU, FDP oder AfD für Ramelow gestimmt haben, während vermutlich nur noch AfD-Abgeordnete für Kindervater gestimmt haben.

Nachdem Bodo Ramelow in den ersten beiden Wahlgänge jeweils mit deutlicher relativer Mehrheit gewann und die absolute Mehrheit nur knapp verpasste, kam im dritten Wahlgang nun alles anders. Vor Beginn des dritten Wahlgangs erklärte Thomas L. Kemmerich (FDP) seine Kandidatur.

Im dritten Wahlgang erhielt Thomas L. Kemmerich 45 Stimmen, Bodo Ramelow (DIE LINKE) 44 Stimmen, Christoph Kindervater (parteilos, für die AfD, weiterhin abwesend) keine Stimme. Ein Abgeordneter enthielt sich der Stimme. Damit war Thomas L. Kemmerich zum Ministerpräsidenten gewählt, was für viele ein Skandal darstellt. Im Folgenden möchte ich diese Einschätzung mit ein paar Fakten untermauern.

Kemmerich erhielt, unter der Annahme dass DIE LINKE, SPD und die Grünen geschlossen für Ramelow stimmten, mindestens 19 Stimmen der AfD. Die Thüringer AfD gilt unter ihrem Fraftions- und Parteivorsitzenden Höcke als der rechte Flügel der AfD. Der thüringische Verfassungsschutz hat die AfD Thüringen als Prüffall eingestuft. Die entscheidende Stimme kam vermutlich von Höcke. Höcke darf nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen (Az: Nr. 2 E 1194/19 Me) öffentlich als "Faschist" bezeichnet werden. Er ist unter anderem für Äußerungen wie „… wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.“ (17.01.2017, über das Holocaust-Mahnmal in Berlin) oder die Behauptung, dass der „lebensbejahende afrikanische Ausbreitungstyp auf den selbstverneinenden europäischen Platzhalter-Typ“ träfe (21.11.2015, über Afrikaner) bekannt. Kurzum: Von so einem möchte man nicht ins Amt gehoben werden, du willst nicht mal mit so jemandem im selben Raum gesichtet werden. Stephan Brandner, ebenfalls Mitglied der AfD Thüringen und deren Spitzenkandidat zur Bundestagswahl 2017, ist der erste Bundestagsausschussvorsitzende, der jemals aus seinem Amt gewählt wurde, was damals sogar eine Änderung der Geschäftsordnung des Bundestags erforderlich machte.

Auffällig ist, dass völlig unbekannte ehrenamtliche Bürgermeister von Sundhausen, Christoph Kindervater (parteilos) von der AfD als Kandidat aufgestellt wurde, zumal sich bei 22 Abgeordneten sicherlich einer mit Ambitionen auf das Ministerpräsidentenamt finden ließe. Dass er es nicht mal für notwendig erachtete, persönlich zu erscheinen ist darüberhinaus nicht nur ungewöhnlich und kann durchaus als Missachtung des Parlaments verstanden werden. Als Kemmerich (FDP), ein Erfurter Unternehmer, der im Jahr 2012 für den Erfurter Oberbürgermeister kandidiert hatte und von allen sieben Kandaten mit 2,6% die wenigsten Stimmen erhielt und seit 2017 Mitglied des Deutschen Bundestags war im dritten Wahlgang auf den Plan trat und dann noch mit knapper Mehrheit gewählt wurde, während der Kandidat Kindervater von seiner eigenen Partei fallen gelassen wurde woraufhin die AfD vermutlich vollzählig Kemmerich gewählt hat. Kemmerich schloss war jedwede Form der Zusammenarbeit mit der AfD aus, allerdings hätte er sich ohne die Unterstützung der AfD als Ministerpräsident nicht lange halten können, da CDU und FDP zusammen lediglich 26 von 90 Stimmen im Parlament haben. Er war also als Ministerpräsident auf die Unterstützung von DIE LINKE, SPD oder den Grünen (unwahrscheinlich) oder eben der AfD unter Höcke angewiesen. Spätestens mit dem Haushalt 2021 wäre ihm dieses zum Verhängnis geworden.

Die Beteuerungen im Nachhinein, dass die Wahl der AfD nicht vorhersehbar war, ist unglaubwürdig, da wie mittlerweile bekannt wurde, Absprachen zwischen Kemmerich und Höcke erfolgten.

Ich ging ursprünglich davon aus, dass man um des Scheins willen bis zum Herbst 2020 dieses unsägliche Bündnis aufrechterhalten habe. Jedoch erklärte Kemmerich bereits am Tag nach seiner Wahl, dass die FDP einen Antrag stellen würde, den Landtag aufzulösen. Allerdings ist hierfür nach Art. 50 Abs. 2 Nr. 1 der Landesverfassung ein Antrag von mindestens einem Drittel der Abgeordneten erforderlich. Dieses Quorum erfüllen nicht mal CDU und FDP gemeinsam.

Es hätte allen Beteiligten gut getan, auf diesen Affront gegen die Demokratischen Ideale unseres Landes zu verzichten. Susanne Hennig-Wellsow ließ den Blumenstrauß ihrer Partei vor den Füßen Kemmerichs fallen und hat damit den Zorn und die Wut auf das ausgedrückt, was dort getrieben wurde. Ich möchte es ihr gleich tun.

(07.02.2020)

Kritik zur "Die Anstalt" vom 29. Januar

Die aktuelle, sehr sehenswerte, Anstalt beschäftigt sich mit dem aktuellen Zustand der Deutschen Bahn. Hierzu habe ich jedoch einige Anmerkungen.

Als Beispiel für eine Anbindung der Region wurde Bad Aibling gewählt. Hier verkehrt allerdings die Bayerische Oberlandbahn unter der Marke "Meridian" auf der Strecke.

Der Eisenbahnunfall von Bad Aibling lag maßgeblich an einem Fehler des Fahrdienstleiters und war weniger durch technische Mängel verursacht. (Im Gegenteil: Die Technik hatte die drohende Kollision erkannt und das Signal für den Zug in Richtung Kolbermoor gesperrt). Die Unfälle von Aichach (2018) und Hordorf (2011) waren jedoch von technischen Unzulänglichkeiten mitverursacht. In Aichach fehlte eine Gleisfreimeldeanlage, welche den Fahrdienstleiter auf den noch im Gleis stehenden Güterzug hingewiesen hätte. In Hordorf fehlte eine technische Vorrichtung, welche eine Zwangsbremsung vor dem Überfahren des haltzeigenden Signals ausgelöst hätte.

Stuttgart 21 wird tatsächlich mehr Züge abfertigen können als der alte Kopfbahnhof. Die Engstellen des Kopfbahnhofs liegen weniger in der Anzahl der Bahnsteige (16 Bahnsteiggleise sind durchaus ausreichend), sondern in den begrenzten Zufahrtsgleisen (es gibt nur 5 Fernbahngleise, die den Bahnhof anbinden). Hier wird der Tiefbahnhof mit 8 Fernbahngleisen im Zulauf erheblich leistungsfähiger sein. Darüberhinaus ergeben sich bei Kopfbahnhöfen regelmäßig Konflikte zwischen Ein- und Ausfahrenden Zügen. Diese Konflikte reduzieren die Kapazitäten weiter. Die Neigung von etwa 13 Promille im Bahnsteigbereich ist auch in Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften, da die Vorgabe von 2,5 Promille lediglich eine Soll-Vorgabe darstellt. Diese Vorgabe soll verhindern, dass sich Wagen der Schwerkraft folgend in Bewegung setzen. Die Abweichung wird auch nicht durch die Definition des Stuttgarter Tiefbahnhofs als Haltestelle erschlichen. Der Stuttgarter Tiefbahnhof ist definitorisch zweifelslos ein Bahnhof.

Für einen integralen Taktfahrplan muss der Bahnhof Stuttgart 21 übrigens nicht zwingend ein Hindernis darstellen. Ein Vollknoten in Stuttgart Hbf scheitet schon wenigen der Fahrzeit von 36 Minuten zum Vollknoten in Mannheim Hbf aus.

(30.01.2019)

Integraler Taktfahrplan in anderen Ländern

Seit 1982 gibt es in der Schweiz die ersten Überlegungen zu einem Integralen Taktfahrplan. 1987 wurde eine Volksabstimmung durchgeführt und das Konzept Bahn 2000 auf den Weg gebracht. Im Jahr 2004 ging es an den Start. Seitdem hat sich die Zahl der Fahrgäste verdoppelt. Die Niederlande waren bereits 1970 soweit. Man mag entgegnen, dass in den vergleichweise kleinen Staaten wie der Schweiz oder den Niederlanden ein solches Konzept möglich sein mag, allerdings ist Deutschland ja auch wie die Schweiz oder die Niederlande - nur größer.

Der Integrale Taktfahrplan umfasst ein Fahrplankonzept, bei dem die Fahrzeiten zwischen den Knotenbahnhöfen so optimiert werden, dass die Züge aus allen Richtungen nahezu zeitgleich eintreffen und nach wenigen Minuten Aufenthalt - welche aber zum Umsteigen ausreichen - wieder nahezu zeitgleich abfahren. Hierdurch entstehen in allen Relationen kurze Umsteigezeiten und der Fahrgast braucht sich keine Fahrpläne zu merken. Die Züge fahren in den Knotenbahnhöfen immer kurz nach der vollen und halben Stunde ab - egal ob in Basel, Olten, Bern, Biel, Zürich und egal in welche Richtung. Begünstigt wird dieses noch durch die Tarifstruktur: In den Niederlanden und der Schweiz kann man mit fast allen Fahrkarten einer Strecke auch alle Züge dieser Strecke nutzen. Ferner kommt in diesen Ländern kaum jemand auf die Idee, sich im Inlandsverkehr einen Sitzplan zu reservieren - so sehr schätzt man die Flexibilität.

Ohne Infrastrukturverbesserungen ist der Integrale Taktfahrplan nicht möglich. Die Bahnhöfe müssen über ausreichend Kapazitäten verfügen um viele Züge zeitgleich abfertigen zu können, die Zulaufstrecken müssen in der Lage sein, in kurzer Folge die Züge aus verschiedenen Richtungen in den Knoten ein- und ausfahren zu lassen. Auch muss außerhalb der Knoten eine ausreichende Kapazität bestehen. Es braucht auf den Hauptstrecken ausreichend viele Überholbahnhöfe, um langsamere von schnelleren Zügen überholen zu lassen. Eingleisige Strecken schränken die Kapazität ein und sollten daher zweigleisig ausgebaut werden.

Auch ist es wichtig, eine hohe Pünktlichkeit zu gewährleisten. Bei dem aktuell niedrigenen Pünktlichkeitsgraden im Fernverkehr funktioniert ein Deutschlandtakt nicht. Kurze Anschlüsse sind nur akzeptiert, wenn sie erreicht werden. Bei häufigen Anschlussverlusten bringt der Deutschlandtakt keine Vorteile. Gerade vor diesem Hintergrund ist ein schneller Infrastrukturausbau erforderlich.

(01.09.2018)

Inhaltsleerer Wahlkampf

In diesem Blogeintrag möchte ich mich mit einer Entwicklung beschäftigen, die mir insbesondere bei der jetzt bevorstehenden Bundestagswahl auffällt: der inhaltsleere Wahlkampf. Die Parteien plakatieren die Städte zu und man wird von irgendwelchen Leuten angeguckt. Wenn Forderungen gemacht werden, dann endet es wie bei der CDU: „Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben!“

Dieser Satz enthält genau gar keinen Inhalt. Um das zu überprüfen, kann man gut die gegenteilige Forderung formulieren und schauen, ob jemand das vertreten würde. Kommt man zum Ergebnis, dass niemand die Gegenforderung vertritt, so handelt es sich nicht um eine inhaltliche Forderung, sondern um einen Allgemeinplatz. Nehmen wir das CDU-Beispiel von oben, stellen wir fest, dass die Gegenforderung „Gegen ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben!“ von niemandem vertreten wird. Es handelt sich hierbei also um einen Allgemeinplatz und nicht um eine inhaltliche Aussage.

Werden Personen beworben, so vertreten diese nur in Ausnahmefällen eine Position. Häufig wird nur das Gesicht, der Name und ein inhaltsloser Slogan angegeben. So vertritt beispielsweise die Direktkandidatin der CDU für den Wahlkreis 193 Erfurt-Weimar-Weimarer Land II, Antje Tillmann, die Forderung „Für Deutschland. Für Thüringen. Für Uns.“ Abgesehen von den drei Sätzen ohne Prädikat, handelt es sich hierbei um einen Allgemeinplatz, denn „Gegen Deutschland, Gegen Thüringen, Gegen Uns.“ wird wohl kein Politiker sein.

Von dieser Inhaltslosigkeit ist nicht nur die CDU betroffen. Die SPD fordert „Zeit für mehr Gerechtigkeit“ - abgesehen davon, dass keiner etwas gegen Gerechtigkeit haben wird, vergisst die SPD wohl, dass sie HARTZ IV eingeführt, das Renteneintrittsalter auf 67 Jahre angehoben und das Rentenniveau auf 43% des letzten Nettolohnes abgesenkt hat. Bei den anderen Parteien sieht es nicht anders aus. Es scheint so, als ob die PARTEI eine ihrer Kernforderungen - „Inhalte überwinden“ - auch bei den anderen Parteien durchsetzen konnte.

Insgesamt erweckt dieser Wahlkampf bei mir den Eindruck, dass sich selbst unsere Politiker nicht mehr für Politik interessieren.

(21.08.2017)

Beinaheunfälle von Hameln

Nachdem ich mich mir neulich den Bahnübergangsunfall von Monzingen angesehen habe, möchte ich mich nun zu den Beinaheunfällen von Hameln äußern.

Am 24.02.2016 kam es gegen 14:31 Uhr und 16:43 Uhr jeweils zur gegenseitigen Gefährdung zweier Regionalbahnen der NordWestBahn. Die Ursache lag in beiden Fällen in der Zulassung der Ausfahrt eines Zuges in einen noch durch einen Gegenzug belegten Abschnitt. Unter leicht abweichenden Umständen wäre es zur Kollision beider Züge und damit zu einem schweren Unfall gekommen.

Planmäßig kreuzen sich die Züge der RB 77 im Bahnhof Hameln stündlich zur Minute :27/:28. Aufgrund einer Störung des Streckenblocks konnte der Fahrdienstleiter (Fdl) Hameln das Ausfahrtsignal des Bahnhofs Hameln nicht auf Fahrt stellen. In diesem Fall muss der Fdl die Sicherung des Fahrweges selbstständig mittels geeigneter Ersatzmaßnahmen durchführen und die Ausfahrt des Zuges mittels schriftlichen Befehl oder Ersatzsignal zulassen. Hierbei wurden mehrere grundlegende Sicherungsprinzipien verletzt.

Zunächst wollen wir uns ansehen, welche Schritte bei einer Fahrwegsicherung durchzuführen sind.

Zunächst muss der Fdl prüfen, ob die Weichen, welcher er für die Zugfahrt umstellen muss, frei sind und nicht für einen anderen Zug reserviert sind. Hierbei hatte er jedoch missachtet, dass die Einfahrweiche noch für den einfahrenden Zug von der eingleisigen Strecke umgestellt war. An dieser Stelle bereits hätte der Fdl warten müssen, bis der Zug eingefahren ist.

Anschließend werden sämtliche Weichen in die richtige Stellung umgestellt. Das war technisch verhindert, da die Einfahrweiche noch verschlossen war. Die Umstellung ist jedoch zwingend für die Zulassung einer Zugfahrt.

Jetzt wird geprüft, ob der Fahrweg frei von Fahrzeugen und anderen Hindernissen ist. Dieses war jedoch für die eingleisige Strecke nicht der Fall. Hierfür hätte der Fdl zunächst die Ankunft des Zuges am Bahnsteig abwarten müssen, dann hätte er dem Kollegen in Voldagsen (nächster Bahnhof der eingleisigen Strecke) den Zug zurückmelden müssen. Anschließend hätte er ihm den wartenden Zug anbieten können. Nach Annahme durch den Fdl Voldagsen hätte der Fdl Hameln die Sicherung der Zugfahrt fortsetzen dürfen.

Anschließend hätte der Fdl die Weichen festlegen und sichern gemusst. Dieses erfolgt entweder über die Sicherungstechnik oder über Tastensperren. Da die Weichen umgestellt wurden, während der Zug bereits ausfahren durfte, ist davon auszugehen, dass diese Maßnahmen nicht erfolgt sind.

Anschließend hätte erst der Fdl die Zugfahrt zulassen dürfen. Er hat jedoch noch während der Einfahrt des Zuges aus Voldagsen den Befehl ausgestellt. Das Zwischensignal am Ende des Bahnsteig hätte die Ausfahrt verhindern können, stand jedoch auch schon auf Fahrt. Somit waren alle Voraussetzungen für die Fahrt in den eingleisigen Abschnitt getroffen.

Während der ausfahrende Zug bereits losgefahren war, stellte der Fdl die Ausfahrweiche um, sie wurde jedoch nicht gesichert.

Möglicherweise wollte er durch sein Verhalten die Verspätung des Zuges reduzieren. Ein Anwenden der Betriebsregeln hätte zu einer höheren Verspätung des Zuges geführt, da die Sicherungsmaßnahmen eine gewissen Zeit in Anspruch nehmen. Wenn dieses jedoch die Absicht des Fdl war, so hat er damit gegen den in der Richtlinie 408.0111 (4) betrieblichen Grundregel verstoßen. In dieser Richtlinie heißt es:
Alle Mitarbeiter müssen in erster Linie für Sicherheit, dann für Pünktlichkeit des Bahnbetriebs sorgen.
Da er gegen die grundlegendste aller grundlegenden Bahnbetriebsregeln verstoßen hat, wird er nicht mehr als Fahrdienstleiter eingesetzt.

Eine lyrische Lesung dieses Unfalluntersuchungsberichtes als EUB-Trinkspiel findet sich übrigens bei YouTube. Sehr empfehlenswert.

(27.05.2017)

Bahnübergangsunfall in Monzingen

In den letzten Tagen hat die Eisenbahn-Unfalluntersuchungsstelle des Bundes vier Unfalluntersuchungsberichte veröffentlicht. Ich möchte mich zunächst mit dem Bahnübergangsunfall in Monzingen beschäftigen.

Am Morgen des 12. September 2015 kam es auf einem durch Halbschranken gesicherten Bahnübergang in Monzingen zu einem Zusammenprall eines Regionalexpress des Vlexx und einem Pkw. Hierbei wurden die fünf jugendlichen Insassen des Pkw tödlich verletzt. Der Pkw wurde vollständig zerstört, am Zug entstand ein Sachschaden von etwa 325.000€. Auf der zweigleisigen Bahnstrecke verkehren Züge mit bis zu 160 km/h. Der verunfallte Zug durfte im betreffenden Abschnitt mit bis zu 140 km/h fahren; die Kollision erfolgte mit 138 km/h.

Es zeigte sich, dass der Bahnübergang korrekt geschlossen wurde und der Pkw-Fahrer die geschlossenen Halbschranken umfahren hat. Als der Triebfahrzeugführer dieses bemerkte, leitete er eine Schnellbremsung ein und setzte einen Nothaltauftrag ab. Anschließend informierte er den Fahrdienstleiter, dass er einen Zusammenprall mit einem Pkw hatte. Anschließend wurde die Bahnstrecke durch die Fahrdienstleiter Sobernheim und Kirn gesperrt. Der Bahnübergang entsprach den Regeln des § 11 EBO und der DB-Richtline 815, es lag keine Störung vor und die Halbschranken waren geschlossen. Der Bahnübergang ist durch Hauptsignale gesichert, die erst dann auf Fahrt gehen, wenn der Bahnübergang gesichert ist, die Zugbeeinflussung an diesem Signal funktionierte fehlerfrei. Der Zug war bedingt durch die kurze Entfernung von etwa 160m zwischen der Wahrnehmung des Pkw und dem Kollisionsort kaum gebremst. Die Bremsung hat bedingt durch die Reaktion des Triebfahrzeugführers und der Reaktionszeit der Bremse etwa 45m vor dem Bahnübergang eingesetzt. Der Triebfahrzeugführer hätte den Unfall weder verhindern noch seine Folgen nennenswert reduzieren können.

Abschließend bleibt nur, darauf hinzuweisen, dass an Bahnübergängen leider immer wieder schwere Unfälle passieren und die Ursache hierbei fast immer beim Straßenverkehr liegt. Züge haben einen Bremsweg von bis zu 1000m und können nicht ausweichen. Wenn es zum Unfall kommt, sind die Folgen für den Straßenverkehrsteilnehmer weitaus schwerer als für den Schienenverkehr. Um für die Risiken zu sensibilisieren hat die Deutsche Bahn zwei Sicherheits-Videos produziert.

Die Forderung, auf Halbschranken komplett zu verzichten, ist nicht umsetzbar, da die Umrüstung eines Bahnübergangs einen mittleren sechsstelligen Betrag kostet. Diese müssten nach § 13 EbKrG zu je einem Drittel der Bund (in seltenen Fällen auch das Land), die Bahn und der Straßenbahnlastträger (i.d.R. das Land oder die Kommune) tragen. An der Finanzierung des letzten Drittels scheitern viele dieser Maßnahmen. Eine Geschwindigkeitsreduktion an Bahnübergängen aus Sicht des Schienenverkehrs ist aufgrund langer Brems- und Beschleunigungswege nicht sinnvoll.

(23.04.2017)

Vision Zero

Nach der aktuellen (sehr sehenswerten) "Anstalt" möchte ich mich hier etwas mit der "Vision Zero" als Leitbild einer zukunftsweisenden Verkehrspolitik beschäftigen.

Die "Vision Zero" beschreibt das Ziel, dass es im Straßenverkehr 0 Tote und 0 Schwerverletzte geben soll. Es strebt also eine erhebliche Reduktion der Verkehrstoten und damit einhergehend eine erhebliche Erhöhung der Sicherheit an. So gab es im Jahr 2015 in Deutschland 3.459 Verkehrstote im deutschen Straßenverkehr. Das entspricht 9,48 Verkehrstoten am Tag, bzw. 42 Toten pro Million Einwohnern. In Schweden gab es im gleichen Jahr 259 Verkehrstote. Das entspricht 0,71 Verkehrstoten am Tag bzw. 26 Toten pro Million Einwohnern. Man sieht also, dass Schweden deutlich weniger Verkehrstote hat als Deutschland. Woran liegt das?

Die schwedische Verkehrspolitik orientiert sich seit vielen Jahren bereits an der "Vision Zero". Straßen werden primär auf die Bedürfnisse der Sicherheit und weniger auf Anforderungen der Geschwindigkeit oder Bequemlichkeit optimiert. Es besteht ein strenges Alkoholverbot und auf allen schwedischen Straßen besteht ein Tempolimit (50 km/h innerorts, 70 km/h außerorts und 110 km/h auf Autobahnen). Die Einhaltung der Vorgaben wird streng kontrolliert und bei Verstoß drohen saftige Bußgelder. Wer innerorts zu schnell fährt zahlt bereits bei einer Überschreitung von 1 km/h ein Bußgeld von 2000 SEK (umgerechnet etwa 200€). Das Telefonieren am Steuer kostet bis zu 4000 SEK (umgerechnet etwa 400€). Diese Bußgelder schrecken erheblich ab, sodass die Schweden tendenziell langsamer und regelkonformer unterwegs sind.

Die "Vision Zero" geht nicht davon aus, dass sich der Mensch fehlerfrei verhält. Menschen machen Fehler und ein System, welches damit nicht umgehen kann, ist nicht sicher. Im Gegensatz: Man versucht das System so zu konzipieren, dass es menschliche Fehler aushält. Man folgt dabei dem Prinzip:
In every situation a person might fail. The road System should not.
Die Sicherheit der Verkehrs wird also dadurch gewährleistet, dass das System Fehler toleriert. So können zum Beispiel Tempolimits und der Bau leichterer Fahrzeuge helfen, Tote zu verhindern. Die Energie eines sich bewegenden Körpers hängt von der Masse und dem Quadrat seiner Geschwindigkeit ab. Eine Halbierung der Masse würde die freiwerdene Energie halbieren. Eine Halbierung der Geschwindigkeit würde die freiwerdene Energie um 75% reduzieren.

Eine Kollision mit einem 30 km/h schnellen Fahrzeug überlebt man in der Regel, während man eine Kollision mit einem 50 km/h schnellen Fahrzeug häufig schwere bis tödliche Verletzungen davonträgt. Wir brauchen innerorts ein Tempolimit von 30 km/h, außerorts von 70 km/h und auf Autobahnen von 120 km/h. Um dieses Durchzusetzen bedarf es deutlich empfindlicherer Strafen und schärferer Kontrollen. Bußgelder funktionieren nur dann, wenn sie wehtun. Daher sollten bei stärkeren Verstößen insbesondere Tagessätze herangezogen werden. Fahrzeuge sollten leichter werden und die Innenstädte zur "autofreien Zone" erklärt werden. In der Stadt ist man mit öffentlichen Verkehrsmitteln eh besser unterwegs.

(08.03.2017)

Zwischenbericht zum Zugunglück von Bad Aibling

Heute wurde der Zwischenbericht zum Zugunglück von Bad Aibling veröffentlicht. Das Unglück forderte 11 Tote, 27 Schwerverletzte und 63 Leichtverletzte. Der Fahrdienstleiter ist mittlerweile auch schon verurteilt.

Dabei wurden folgende Feststellungen getroffen:

  • Der Zustand der Gleisinfrastruktur war ausreichend und hat den Unfall nicht begünstigt.
  • Die punktförmige Zugbeeinflussung funktionierte bis auf einen gestörten 1000Hz-Magneten, dieser Mangel steht jedoch nicht im Zusammenhang mit dem Unfall.
  • Das Stellwerk entspricht den technischen Regeln zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme und funktioniert einwandfrei.
  • Das Ersatzsignal Zs1 wurde zweimal für den Zug Richtung Rosenheim bedient (einmal am Ausfahrsignal des Bf Bad Aibling und am Blocksignal kurz vor der Unfallstelle). Beide Bedienungen erfolgten, da die reguläre Fahrtstellung des Signals aufgrund des Gegenzuges nicht möglich war.
  • Entgegen der Angaben der La bestand auf der Strecke kein Funkloch, da ein Füllsender in Kolbermoor nachträglich installiert worden war.
  • Das Zugfunkgerät des Fahrdienstleiters verfügt über zwei Möglichkeiten für einen Notruf, einmal der "Notruf Strecke" und einmal der "Zugfunknotruf". Durch die Wahl des (falschen) "Notruf Strecke" hatte der Fahrdienstleiter die Züge nicht erreicht. Der Notruf wurde 35 Sekunden vor der Kollision abgegeben und hätte diese womöglich verhindern können.
  • Der Fahrdienstleiter war tauglich und örtlich eingewiesen und geprüft. Es zeigten sich jedoch Mängel bei der Umsetzung der betrieblichen Regelwerke.
  • Entgegen der bahnbetrieblichen Vorschriften hat der Fahrdienstleiter ein privates Smartphone im Dienst genutzt.
  • Die Triebfahrzeugführer waren tauglich und entsprechend qualifiziert. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass ihr Verhalten das Unglück verursacht oder begünstigt haben könnte.
  • Die Fahrzeugstruktur weist eine hohe Festigkeit auf, sodass lediglich die beiden vorderen Segmente stark beschädigt wurden. Die Fahrzeugtüren ließen sich ab der zweiten Wageneinheit öffnen.
  • Bei beiden Zügen wurde etwa eine Sekunde vor der Kollision eine Schnellbremsung eingeleitet.
  • Insgesamt sieht es so aus, dass das Unglück durch die Unaufmerksamkeit des Fahrdienstleiters und die damit zusammenhängenden Fehlbedienungen von Ersatzsignal und Zugfunk ausgelöst wurde.

    (07.03.2017)

    Erste Fahrt im neuen Doppelstock-IC

    Vor einigen Tagen hatte ich das erste Mal die Möglichkeit, den neuen Doppelstock-InterCity zu testen.

    Der Zug sieht ja von außen sehr modern aus, auch weil er sehr sauber war, allerdings fand ich die Zugzielanzeige schwer zu lesen. Nach dem Einsteigen (mit Koffer) muss man sich erstmal die Treppe rauf- oder runterkämpfen. Ich entschied mich, einen Sitzplatz im Oberdeck einzunehmen. Der Zug war gut gefüllt, aber nicht überlastet (an Sommerwochenenden dürfte der Zug noch deutlich voller sein). Als ich mich im Oberdeck befand, musste ich für mein Gepäck einen Stellplatz suchen. Dieses stellte sich jedoch als nicht so einfach dar, da einfach deutlich zu wenige Ablageflächen vorhanden sind - insbesondere, da man über den Sitzen nur zu kleine Gepäckablagen hat. Irgendwann stellte ich den Koffer in eine Nische neben der Treppe und nahm einen Sitzplatz ein. Der Sitz war relativ hart - ich bevorzuge da ein eher weiches Polster - aber dennoch auszuhalten, jedenfalls für meine 50 Minuten Fahrzeit.

    Nun klappte ich meinen Laptop auf und stecke den Stecker in die Steckdose an der Wand (üblicherweise findet man die Steckdosen zwischen den Sitzen). Das Wanken des Zuges war etwas spürbar, aber nicht unangenehm (als Thüringer ist man wackelnde Züge ja gewohnt). Die Fahrgastinformations-Displays funktionierten, allerdings waren wir pünktlich - also kann ich über die Qualität im Störungsfall nichts sagen. Vor jedem Halt wurde der kommende Halt angesagt (auf deutsch und englisch - auch in Nienburg/Weser...) , darauf hingewiesen, dass alle planmäßigen Anschlusszüge erreicht werden können (was beim pünktlichen Zug klar sein sollte). Alle Ansagen erfolgen vom Band und sind gut verständlich. Das Fahrverhalten ist ganz angenehm.

    Insgesamt finde ich den Zug sehr gepflegt, allerdings sind die Stufen gerade für Fahrgäste mit Gepäck ein Hindernis. Insgesamt bekommt man jedoch das Gefühl, im Nahverkehr zu sitzen. Die Sitze sind härter als im Fernverkehr üblich, es mangelt an Gepäckstauraum und der Wagen wirkt recht eng. Auf längeren Fahrten würde ich persönlich den ICE oder den klassischen IC vorziehen.

    (15.01.2017)

    Anschläge in Nizza

    Obwohl die Vorkommnisse in Berlin ja mal wieder eindrucksvoll (nach denen in Würzburg, Ansbach, München, Paris, Nizza, Paris, usw.) gezeigt haben, dass Videoüberwachung bei der Terrorprävention nichts bringt, ist sich das Bundeskabinett nicht zu blöd, jetzt (rein zufällig) einen Gesetzentwurf einzubringen, um die Videoüberwachung auszubauen. Einem Selbstmordattentäter ist es übrigens vollkommen egal, ob er bei seiner Tat gefilmt wird. Ihm geht es ausschließlich darum, möglichst viel Angst zu verbreiten. Dabei helfen ihm Bilder.

    Interessant finde ich ja auch, dass sämtliche Fahndungsbilder aus offiziellen Ausweisdokumenten stammen und nicht etwa am Tattag über eine Videokamera aufgenommen wurden. Entweder wurde er nicht gefilmt oder die Aufnahmen sind so schlecht, dass man damit nichts anfangen kann. Es ist nicht so, dass sich ein Gewalttäter durch Videoüberwachung abschrecken ließe. Jemand dem eine mehrjährige Haftstrafe droht, wird sich nicht durch eine Videoaufzeichnung abschrecken lassen. Dafür wird jeder rechtschaffene Bürger auf Schritt und Tritt überwacht.

    Es gibt auch schon die ersten Forderungen nach einer Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung - also dem anlasslosen Schnüffeln in den höchstpersönlichen Daten eines jeden Bürgers. Diese hat zwar noch exakt keinen Anschlag verhindert, ist aber ideal um Aktionismus zu demonstrieren.

    Man kann unter solchen Voraussetzungen nur dazu aufrufen, die Massenüberwachung so aufwändig und teuer zu machen, wie nur irgend möglich. Verschlüsselt eure Mails, nutzt den Tor-Browser, nutzt SSL für die Übermittlung von e-Mails und das Surfen im Internet, nutzt Adblocker und aktivert JavaScript und Flash nicht mehr als nötig.

    Ansonsten bleibt dazu aufzurufen, nicht zu vergessen, wer hier wieder lauthals nach dem Überwachungsstaat brüllt (CDU/CSU, die SPD macht aber auch mit) und dieses bei der Wahlentscheidung Ende September auch zu bedenken.

    (22.12.2016)

    Urteil zum Zugunglück in Bad Aibling gesprochen

    Heute wurde das Urteil im Prozess gegen den Fahrdienstleiter Bad Aibling nach dem schweren Zugunglück Anfang diesen Jahres mit 12 Toten gesprochen. Der Fahrdienstleiter wurde zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Mit etwa diesem Strafmaß war zu rechnen, jedoch verwundert es mich, dass bereits heute das Urteil gesprochen wurde, obwohl die technische Unfalluntersuchung der EUB noch nicht abgeschlossen ist.

    Ich möchte mich etwas zu den technischen Hintergründen in einem Relaisstellwerk, wie es auch in Bad Aibling vorhanden war, äußern.

    Bevor eine Zugfahrt zugelassen werden kann, muss sichergestellt sein, dass kein anderer Zug diese Zugfahrt gefährdet. Dieses wird durch verschiedene Methoden gemacht. Auf eingleisigen Strecken ist es insbesondere wichtig, Gegenfahrten auszuschließen. Zunächst einmal ist jede Fahrt auf einer eingleisigen Strecke vorher durch die Beteiligten Fahrdienstleiter abzusprechen. Dieses machen sie, indem sie einen Zug anbieten und der Nachbarbahnhof ihn annimmt. Dieses erfolgte früher telefonisch, heute jedoch immer öfter durch die Zugnummernmeldeanlage. Die Gespräche werden aufgezeichnet und protokolliert. Ohne Zustimmung darf kein Zug in den eingleisigen Streckenabschnitt einfahren. Diese Absprache war jedoch im Fall von Bad Aibling nicht erforderlich, da der Fahrdienstleiter Bad Aibling drei Bahnhöfe steuert: Kolbermoor, Bad Aibling (zwischen denen sich der Unfall ereingnet hat) und Heufeld.

    Der Schutz vor Gegenfahrten in eingleisigen Streckenabschnitten ist jedoch nicht alleinige Aufgabe der Betriebseisenbahner, sondern wird häufig durch die Technik unterstützt. Die hierfür verwendete Einrichtung heißt Erlaubniswechsel. Dieser besteht aus einem elektrischen Wechselfeld, welches zwei Zustände annehmen kann und je nachdem, welchen Zustand dieses Feld einnimmt, kann nur die eine oder andere Seite Züge ablassen. Vergleichbar ist es mit einem Staffellauf: Nur die Seite, die den Staffelstab hat, darf laufen. Die Erlaubnis kann nur bei freier Strecke gewechselt werden, also wenn sich gerade alle Züge im Bahnhof befinden. Sofern die Erlaubnis am benachbarten Bahnhof vorliegt, kann kein Signal auf die Strecke auf Fahrt gestellt werden. Dieses wird technisch verhindert.

    Nun kann es jedoch zu einer technischen Störung, beispielsweise am Erlaubniswechsel, kommen. In diesem Falle würde der Betrieb so lange ruhen, bis ein Techniker das Problem behoben hat. Da dieses jedoch nicht zielführend ist, wird die Sicherheitsverantwortung auf die Fahrdienstleider umgelegt. Im Falle einer technischen Störung müssen diese die Sicherungsschritte, die sonst von der Technik übernommen werden. Hierfür bedarf es höchster Konzentration. Wie zu verfahren ist, ist in der Ril 408 ("Fahrdienstvorschrift") geregelt. Sofern alle Voraussetzungen für eine sichere Zugfahrt erfüllt sind, darf der Zugfahrt durch einen schriftlichen Fahrbefehl oder durch ein Ersatzsignal zugestimmt werden. In diesem Fall darf der Triebfahrzeugführer am haltzeigenden Signal vorbeifahren.

    Damit die Bedienung des Ersatzsignals mit größtmöglicher Konzentration erfolgt, werden alle Bedienungen gezählt und müssen nachgewiesen werden. So kann im Nachhinein geklärt werden, wann und aus welchen Gründen das Ersatzsignal bedient wurde. Jedoch werden diese Eintragungen nicht immer ordnungsgemäß erledigt (wie z.B. 2012 bei der Entgleisung in Berlin-Tegel).

    Da bei der Anwendung der erforderlichen Ersatzmaßnahmen die notwendige Prüfung des Fahrweges, wohl wegen eines Handyspiels, nicht erfolgte, kam es letztlich zu diesem Unglück.

    (05.12.2016)

    Neue Website

    Endlich ist sie online! Meine erste selbstprogrammierte Website.

    Sie befindet sich derzeit noch in der Entstehen, es werden noch mehr Inhalte folgen.

    Über Anregungen freue ich mich natürlich immer!

    (31.10.2016)