Die Entwicklung des grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehrs aus und nach Deutschland an ausgewählten Beispielen (2018)

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Quellennachweis

Bredemeier, Peter Simon: Die Entwicklung des grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehrs aus und nach Deutschland an ausgewählten Beispielen, Erfurt, 2018.


Die Entwicklung des Grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehrs aus und nach Deutschland an ausgewählten Beispielen

Redaktionelle Hinweise

Die in dieser Arbeit verwendeten Personenbezeichnungen verwenden ausschließlich die männliche Form. Dieses erfolgt aus Gründen der leichteren Lesbarkeit und beinhaltet keinerlei Wertung.

Bahnhöfe sind mit dem zum Zeitpunkt dieser Arbeit gültigen Namen bezeichnet. Dieses soll dem Leser die geografische Orientierung vereinfachen.

Die Bezeichnung der Eisenbahngrenzübergänge ist an die der Allianz pro Schiene1 angelehnt.

1 Einleitung

Der grenzüberschreitende Schienenpersonenverkehr zwischen Deutschland und den Nachbarländern war die letzten Jahrzehnte von einem starken Wandel geprägt. Die friedliche Revolution und die umfangreichen Erweiterungen der Europäischen Union haben neue Verkehrsverbindungen ermöglicht und die bestehenden verändert. Auch die Art der grenzüberschreitenden Verbindungen hat sich gewandelt. Während in der Vergangenheit vor allem langlaufende internationale Fernzug- und Nachtzugverbindungen das Bild prägten, dominieren heutzutage an vielen Grenzübergängen vertaktete Züge des Regionalverkehrs. Fernverkehrsverbindungen bestehen nur noch an wenigen Grenzübergängen.

Diese Arbeit nimmt eine vergleichende Betrachtung zwischen den Eisenbahngrenzübergängen im Zeitverlauf und in Hinblick auf Unterschiede zwischen den Verkehren zu verschiedenen Nachbarstaaten vor. Es wird hierbei primär auf das Verkehrsangebot eingegangen. Betrachtet werden sowohl der Schienenpersonennah- als auch der Schienenpersonenfern- und Nachtzugverkehr im grenzüberschreitenden Betrieb.

Ziel der Arbeit ist es, anhand der gewählten Beispiele Erfolgsfaktoren für einen erfolgreichen grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehr zu ermitteln und regionale Unterschiede zu erkennen. Diese sollen im Rahmen der Arbeit dargelegt werden.

Ebenfalls soll eine Einschätzung der Auswirkungen der Liberalisierung und der Bahnreformen auf den Eisenbahngrenzverkehr vorgenommen werden.

Ergänzend soll ein Vergleich der Übergänge zwischen den westlichen Nachbarländern (Niederlande und Frankreich) und den östlichen Nachbarländern (Polen und Tschechien) erfolgen.

1.1 Ausgewählte Beispiele

Der Fokus der Untersuchungen liegt auf dem Verkehr zwischen Deutschland und seinen Nachbarländern. Exemplarisch soll die Entwicklung des grenzüberschreitenden Verkehrs an Grenzübergängen zu vier ausgewählten Staaten verglichen werden. Die betrachteten Staaten sind Polen und Tschechien als östliche Nachbarländer sowie Frankreich und die Niederlande als westliche Nachbarländer.

Um die Übergänge gezielt untersuchen zu können und Vergleiche zwischen Eisenbahngrenzübergängen zu unterschiedlichen Nachbarländern anstellen zu können, werden die Eisenbahngrenzübergänge in Grenzübergänge mit europäischer, überregionaler und regionaler Bedeutung unterteilt. Auf die Zuordnung der betrachteten Eisenbahngrenzübergänge zu den einzelnen Kategorien wird im Folgenden eingegangen. Die Einteilung erfolgt anhand verkehrlicher und siedlungsstruktureller Merkmale.

Die erste Kategorie sind Grenzübergänge an europäischen Hauptstrecken. Hierbei wurde ein für die jeweilige Staatsverbindung sehr wichtiger Übergang ausgewählt. Die ausgewählten Übergänge sind in Tabelle 1 dargestellt. Diese sind Bestandteil eines Hauptkorridors des Trans‑European Network Transport (TEN‑T) und verbinden Metropolen miteinander.

Nachbarstaat

Übergang

Polen

Berlin – Frankfurt (Oder) – Kunowice Warszawa

Tschechien

Dresden – Schöna – Dolní Žleb – Praha

Frankreich

KarlsruheKehl – Strasbourg – Paris

Niederlande

Düsseldorf – Emmerich – Zevenaar – Utrecht

Tabelle 1: Grenzübergänge mit europäischer Bedeutung

Eigene Darstellung.

Die zweite Gruppe der untersuchten Übergänge sind Übergänge mit vorrangig überregionaler Bedeutung. Die hierunter fallenden Übergänge sind in Tabelle 2 dargestellt. Diese Übergänge zeichnen sich durch eine Bedeutung aus, welche über den grenznahen Raum hinausgeht. Sie besitzen allerdings dennoch eine primär überregionale Bedeutung. Diese Grenzübergänge liegen in verdichteten Gebieten.

Nachbarstaat

Übergang

Polen

Berlin – Küstrin-Kietz Kostrzyn

Tschechien

MarktredwitzSchirnding - Cheb

Frankreich

TrierPerl – ApachThionville

Niederlande

Münster / DortmundGronau – Enschede

Tabelle 2: Grenzübergänge mit überregionaler Bedeutung

Eigene Darstellung.

Die dritte Gruppe der untersuchten Eisenbahngrenzübergänge sind die mit vorrangig regionaler Bedeutung. An diesen Übergängen spielen überregionale Verkehre kaum eine Rolle, sie dienen insbesondere dem „kleinen Grenzverkehr“ und haben regionale Bedeutung. Die in dieser Arbeit betrachteten Grenzübergänge mit regionaler Bedeutung sind in Tabelle 3 dargestellt. Diese Übergänge liegen in ländlichen Räumen.

Nachbarstaat

Übergang

Polen

Pasewalk Grambow Szczecin-Gumieńce – Szczecin

Tschechien

Bad SchandauSebnitz - Dolní Poustevna – Mikulášovice

Frankreich

WindenKapsweyer – Wissembourg

Niederlande

Leer– Ihrhove – Nieuweschanz - Groningen

Tabelle 3: Grenzübergänge mit lokaler Bedeutung

Eigene Darstellung.

1.2 Historische Entwicklung

Der Betrachtungszeitraum dieser Arbeit erstreckt sich auf den Zeitraum zwischen dem Sommerfahrplan des Jahres 1985 und dem Jahresfahrplan 2018.

Innerhalb dieses betrachteten Zeitraumes hat sich viel verändert. 1985 war Europa in zwei miteinander verfeindete Blöcke geteilt. Zwischen diesen Blöcken verlieft der „Eiserne Vorhang“, der auch Deutschland teilte. Aufgrund der politischen Situation der damaligen Zeit war der grenzüberschreitende Verkehr zwischen den Blöcken starken Beschränkungen unterworfen und konnte seine Bedeutung nie wirklich entfalten. Einzig der Verkehr über die innerdeutsche Grenze hatte eine nennenswerte Bedeutung im Besuchsverkehr zwischen den beiden deutschen Staaten. Der Grenzverkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechoslowakische Republik war hingegen nur von geringer Relevanz.

Der Reiseverkehr innerhalb der einzelnen Blöcke war weniger starken Beschränkungen unterworfen. So bestand ein dichtes Netz an internationalen Fernzugverbindungen mit teilweise sehr langen und heutzutage unvorstellbaren Zugläufen. Das Zugangebot im internationalen Fernverkehr bestand aus TEE-, EC- und zahlreichen D-Zügen. Im Nahverkehr bestand das Angebot überwiegend aus Personen- und Eilzügen.

Mit dem Fall der Berliner Mauer im Jahr 1989, den Revolutionen in vielen Ländern des damaligen Ostblocks und der damit einhergehenden Liberalisierung des Reiseverkehrs haben sich die Reisewege verlagert.

Durch das Schengener Abkommens fielen ab dem Jahr 1995 die Grenzkontrollen an den Grenzen zu Belgien, Frankreich, Luxemburg und den Niederlanden weg. Dadurch konnten grenzüberschreitende Züge ohne Aufenthalt für eine Pass- und Zollkontrolle über die Staatsgrenzen hinweg verkehren. Im Jahr 1997 wurden die Grenzkontrollen zu Österreich eingestellt. Der Wegfall der Grenzkontrollen an den dänischen Grenzen erfolgte im Jahr 2001. An den Grenzen zu Polen und Tschechien fielen die Kontrollen im Jahr 2007 weg. Mit dem Wegfall der Grenzkontrollen an der schweizerischen Grenze im Jahr 2008 bestehen an allen Grenzen zwischen Deutschland und seinen Nachbarländern keine Grenzkontrollen mehr.2

Seit dem Jahr 2002 ist der Euro das gesetzliche Zahlungsmittel in Deutschland, Österreich, Frankreich, Luxemburg, Belgien und den Niederlanden. Durch die einheitliche Währung wurde ein wesentliches Hemmnis der europäischen Kooperation beseitigt. Hierdurch wurde es einfacher für Menschen, die in der grenznahen Region leben, ihre Besorgungen im Nachbarland zu tätigen. Ebenso ist es einfacher geworden in unterschiedlichen Ländern zu wohnen und zu arbeiten. Auch dieses führt zu einer Zunahme des grenzüberschreitenden Verkehrs.

2 Herausforderungen des grenzüberschreitenden Verkehrs

Der grenzüberschreitende Schienenverkehr unterliegt verschiedenen Herausforderungen. Auf diese soll im Folgenden eingegangen werden.

2.1 Rechtliche Herausforderungen

An einer Staatsgrenze treffen auch stets die Rechtssysteme beider Länder zusammen. Auch wenn bereits Bemühungen der Europäischen Union bestehen, diese Rechtssysteme im Sinne einer verbesserten Interoperabilität zu vereinheitlichen, sind viele rechtliche Fragen noch national geregelt. Verkehrsdienste, welche über eine Grenze verkehren, müssen die Rechtsnormen beider Staaten beachten.

Es bestehen von Seiten der Europäischen Union Bestrebungen besonders bedeutende grenzüberschreitende Eisenbahnkorridore im Rahmen der TEN-T auszubauen3.

Eine besonders große Herausforderung für den europäischen Eisenbahnverkehr stellt die nationale Handhabung der Fahrzeugzulassung dar. Hierdurch war es bislang erforderlich, dass über die Grenze verkehrende Fahrzeuge in jedem befahrenen Land eine Zulassung der nationalen Sicherheitsbehörde vorweisen mussten. In den nächsten Jahren soll der Zulassungsprozess vereinheitlicht werden und Zulassungen europaweit gültig sein4. Hierdurch soll der grenzüberschreitende Verkehr vereinheitlicht werden.

Eine weitere Herausforderung ergibt sich in der Finanzierung des Betriebs. Der Schienenpersonennahverkehr ist erfahrungsgemäß nicht eigenwirtschaftlich betreibbar und daher auf Unterstützung aus den öffentlichen Haushalten angewiesen. Hierbei kann das Problem auftreten, dass bei grenzüberschreitenden Verkehren die Kostenaufteilung zwischen den nationalen Aufgabenträgern unklar ist. Auch haben die unterschiedlichen Aufgabenträger mitunter unterschiedliche Vorstellungen von den Qualitätsparametern, welche der grenzüberschreitende Verkehrsdienst erfüllen soll. Dieses führt dann dazu, dass der Verkehrsdienst an der Staatsgrenze endet.

Ein weiteres Problem grenzüberschreitender Verkehre ist die Tarifierung, da an der Grenze auch zwei, unter Umständen inkompatible, Tarifsysteme zusammenkommen. Hier wird oft hilfsweise eine unabhängige Tarifierung im sog. Anstoßverkehr jeweils bis zur Grenze durchgeführt. Im grenzüberschreitenden Verkehr sollen durchgehende Fahrkarten angeboten werden5. Diese rechtliche Forderung wird mit dem Anstoßtarif erfüllt. Da Eisenbahntarife jedoch in der Regel degressiv sind, gehen dem Fahrgast hierdurch Preiseinsparungen verloren, welche er bei einer durchgehenden Tarifierung gehabt hätte.

Eine weitere Herausforderung liegt in der Art und Weise der Auswahl des Betreibers von Verkehrsleistungen. Verkehrsleistungen können entweder durch einen Eigenbetrieb des Aufgabenträgers erbracht werden oder müssen europaweit ausgeschrieben werden6. Die konkrete Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben hängt jedoch von den Akteuren innerhalb der jeweiligen Länder ab.

2.2 Technische Herausforderungen

Neben den in Kapitel 2.1 genannten rechtlichen Herausforderungen, bestehen im grenzüberschreitenden Verkehr auch technische Herausforderungen.

So verwenden von den neun Nachbarländern der Bundesrepublik Deutschland nur Österreich und die Schweiz dasselbe Stromsystem auf Ihren Eisenbahnstrecken wie die Deutsche Bahn. Dänemark, Tschechien, Frankreich und Luxemburg verwenden auf ihren Bahnstrecken 25 kV, 50 Hz Wechselspannung. Die Bahnstrecken in Belgien und Polen sind mit 3.000 V Gleichspannung elektrifiziert. Die niederländischen Bahnstrecken sind mit Ausnahme der Betuwe-Route mit 1.500 V Gleichspannung elektrifiziert7. Die Betuwe-Route ist mit 25 kV, 50 Hz Wechselspannung elektrifiziert.

Durch die Vielzahl vorhandener Bahnstromsysteme müssen für den Verkehr über die Staatsgrenze Mehrsystem- oder Dieseltriebfahrzeuge eingesetzt werden. Andernfalls ist an der Grenze ein Lokwechsel oder ein Reisendenumstieg vorzunehmen, welcher mit Komforteinbußen und, insbesondere bei nicht international abgestimmten Fahrplänen, mit teilweise erheblichen Reisezeitverlusten verbunden ist.

Der Einsatz von Mehrsystemfahrzeugen verursacht aufgrund der zusätzlich einzubauenden Technik Mehrkosten von etwa 12 % bis 30 %8. Diese Kosten belasten zusätzlich die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung internationaler Verkehre.

Eine weitere Herausforderung besteht in der Vielzahl existierender Zugbeeinflussungssysteme in den einzelnen Staaten. So müssen grenzüberschreitend verkehrende Schienenfahrzeuge über die entsprechenden Systeme aller befahrenen Staaten verfügen. Im Zusammenhang mit der Einführung des European Rail Traffic Management System (ERTMS) erfolgt schrittweise die Einführung des European Train Control System (ETCS) als europaweit einheitliches Zugbeeinflussungssystem. Dieses soll zukünftig grenzüberschreitende Fahrten vereinfachen.

In der Vergangenheit wurden internationale Verkehre durch die Verwendung verschiedener Zugfunksysteme erschwert. Im Rahmen des Projektes ERTMS erfolgt europaweit die Einführung des Global System for Mobile Communications - Rail (GSM-R) für die Kommunikation zwischen den Zügen sowie zwischen dem betrieblichen und dem infrastrukturellen Personal.

2.3 Betriebliche Herausforderungen

Eine weitere Barriere im grenzüberschreitenden Schienenverkehr ist die Notwendigkeit mehrsprachigen Personals. So möchten die Reisenden auch im grenzüberschreitenden Verkehr in ihrer Muttersprache mit dem Zugbegleitpersonal kommunizieren. Darüber hinaus ist die Betriebssprache im Bahnbetrieb die Landessprache, sodass auch Mitarbeiter, welche nicht im Kundenkontakt stehen, beide Landessprachen beherrschen müssen. Eine einheitliche Betriebssprache wie im Luftverkehr existiert nicht.

An den Grenzen zu Staaten mit abweichender Fahrordnung auf mehrgleisigen Strecken stellt der Wechsel von Rechts- auf Linksverkehr ein weiteres Problem dar. Die hierfür erforderlichen Überleitungen erfordern zumeist eine Reduktion der Fahrgeschwindigkeit und verursachen somit eine Reisezeitverlängerung. Ferner sind diese Überleitstellen häufig nur eingleisig befahrbar und stellen somit einen Zwangspunkt für die Fahrplanerstellung und die Durchführung des Betriebes dar. Eine betriebliche Verbesserung bieten höhenfreie Überleitverbindungen, welche allerdings höhere Baukosten verursachen und somit nur für stark ausgelastete Strecken sinnvoll sind. Wenn für Züge an der Grenze regelmäßig Fahrtrichtungswechsel stattfinden, wie dieses beispielsweise an der deutsch-schweizerischen Grenze am Bahnhof Basel SBB der Fall ist, kann der Wechsel des befahrenen Streckengleises beim Fahrtrichtungswechsel erfolgen und ermöglicht die Ausfahrt nach dem Fahrtrichtungswechsel auf dem Regelgleis.

Durch das Aufeinandertreffen verschiedener nationaler Eisenbahninfrastrukturunternehmen treffen auch nationale Verfahren und Zuständigkeiten aufeinander. Seit dem Jahresfahrplan 2003 findet der Fahrplanwechsel europaweit am zweiten Sonntag im Dezember statt9, wodurch sich Abstimmungsprobleme reduzieren lassen. Allerdings müssen die Fahrpläne im grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr länderübergreifend abgestimmt werden. Die Vergabe von Zugnummern muss ebenfalls international koordiniert erfolgen, da ein Zug über seinen gesamten Lauf mit derselben Zugnummer unterwegs sein soll und in einem Land jede Zugnummer aufgrund des Zugfunksystems GSM-R nur einmal zeitgleich vorkommen darf.

3 Entwicklung des grenzüberschreitenden Verkehrs

Dieses Kapitel betrachtet die Entwicklung des grenzüberschreitenden Verkehrs an den in Kapitel 1.1 genannten Grenzübergängen von Deutschland zu seinen Nachbarländern.

Diese Untersuchung erfolgt exemplarisch am Sommerfahrplan 1985 und den Jahresfahrplänen 1992/93, 1997/98, 2004/05, 2008/09 und 2017/18.

Die Wahl des Sommerfahrplans 1985 erfolgt um den Zustand vor dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ erfassen zu können.

Der Fahrplan 1992/93 erfasst einen Zustand nach der Öffnung der Grenzen zwischen West- und Osteuropa und berücksichtigt somit bereits die geänderten Verkehrsströme.

Das Fahrplanjahr 1997/98 stellt den Zustand nach der Regionalisierung des Schienenpersonennahverkehrs in Deutschland dar.

Die EU-Osterweiterung im Jahr 2004 schlägt sich in der Wahl des Jahresfahrplanes 2004/05 nieder.

Die Wahl des Fahrplanjahrs 2008/09 erfolgt, da im Jahr 2008 die Grenzkontrollen zwischen Deutschland und allen seinen Nachbarländern entfallen sind und somit der internationale Reiseverkehr ungehindert fließen kann.

Der Fahrplan 2017/18 dokumentiert den betrieblichen Zustand zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Arbeit.

3.1 Methodik

Zur Auswertung der Fahrplandaten ist es zunächst erforderlich, die Daten für die Auswertung aufzubereiten. Hierzu werden die Fahrpläne der grenzüberschreitenden Züge mittels der Kursbücher der jeweiligen Jahre ermittelt. Diese Daten werden anschließend in das Tabellenkalkulationsprogramm LibreOffice Calc übertragen, wobei für jeden Zug ein Datensatz erzeugt wird.10 Dieser Datensatz beinhaltet 1.623 Datensätze, welche für die Untersuchung herangezogen werden. Jeder Datensatz beinhaltet die in Kapitel 3.1.1 benannten Werte. Die Beschreibung des Auswertungsverfahrens erfolgt im Kapitel 3.1.2.

Da die Auswertung für jeden Eisenbahngrenzübergang separat erfolgt, kann es bei Zugläufen, welche zeitweise einen anderen Eisenbahngrenzübergang nutzen, Unstimmigkeiten geben.

3.1.1 Datensatz

Der den Zügen zugeordnete Datensatz besteht aus den folgenden Werten:

Fahrplanjahr

Der Wert „Fahrplanjahr“ gibt das Fahrplanjahr an, welchem der Zug entnommen wurde. Dieser Wert dient dazu, die zeitliche Entwicklung zu erfassen.

Zugteil

Der Wert „Zugteil“ gibt an, ob der Zug mit einem anderen Zug gekuppelt die Grenze überquert. Hierdurch ist es möglich, verschiedene Relationen zu erfassen, ohne die Auswertung der Gesamtzahl der Züge zu verfälschen.

Zugkategorie

Der Wert „Zugkategorie“ erfasst die Art des Zuges. Hierzu wird jeder Zug einer der Kategorien langsamer Regionalverkehr (RB), schneller Regionalverkehr (RE), langsamer Fernverkehr (IR), Schnellzug (IC), Hochgeschwindigkeitszug (ICE) oder Nachtzug (N) zugeordnet. Hierdurch lassen sich Zugzahlen und Fahrzeiten nach Zugkategorien erfassen.

In der Auswertung sind langsamer und schneller Regionalverkehr zum Nah- bzw. Regionalverkehr zusammengefasst. Die Züge des langsamen Fernverkehrs, die Schnellzüge und die Hochgeschwindigkeitszüge sind zum Fernverkehr zusammengefasst. Die Nachtzüge werden separat betrachtet.

Zuggattung

Der Wert „Zuggattung“ gibt die Zuggattung an, welche in den für den Fahrgast bestimmten Fahrplänen angegeben ist. Diese dient primär der leichteren Erfassung der Daten.

Zugnummer

Der Wert „Zugnummer“ gibt die Zugnummer an, unter welcher der entsprechende Zug unterwegs ist. Diese dient insbesondere der Erfassung der Daten.

Grenzübergang

Der Wert „Grenzübergang“ gibt an, welchen Grenzübergang der Zug befährt. Dieser Wert dient dazu, die einzelnen Grenzübergänge vergleichbar zu machen. Befährt ein Zug auf seinem Laufweg mehrere Grenzübergänge werden für ihn mehrere Datensätze angelegt.

Richtung

Der Wert „Richtung“ erfasst die Fahrtrichtung des Zuges auf Deutschland bezogen. Hierdurch werden nach Richtungen getrennte Vergleiche der Fahrzeiten ermöglicht.

Startbahnhof

Der Wert „Startbahnhof“ gibt an, an welchem Bahnhof der Zuglauf beginnt. Hierdurch wird ermöglicht die Entwicklung der Zugläufe zu erfassen.

Zielbahnhof

Der Wert „Zielbahnhof“ erfasst, an welchem Bahnhof der Zuglauf endet. Dieser dient ebenfalls der Betrachtung der Zugläufe.

Verkehrstage

Unter dem Wert „Verkehrstage“ werden die Tage erfasst, an denen der Zug verkehrt. Zur leichteren Auswertbarkeit erfolgt die Erfassung nach Wochentagen getrennt.

Saisonale Verkehre

Der Wert „Saisonale Verkehre“ erfasst, ob ein Zug das ganze Jahr über verkehrte oder nur innerhalb der entsprechenden Saison. Der Verkehrszeitraum selbst wird nicht erfasst.

Referenzstrecke

Diese Werte beziehen sich jeweils auf die betrachtete Referenzstrecke und ermöglichen eine Erfassung der Entwicklung der Fahrzeiten. Die Referenzstrecke ist so gewählt, dass möglichst viele Züge diese befahren.

Abfahrtsbahnhof

Der Wert „Abfahrtsbahnhof“ gibt an, ab welchem Bahnhof die Referenzstrecke für den Zug betrachtet wurde.

Abfahrtszeit

Der Wert „Abfahrtszeit“ gibt an, zu welcher Zeit der Zug im Abfahrtsbahnhof abfährt.

Ankunftsbahnhof

Der Wert „Ankunftsbahnhof“ gibt den Bahnhof an, an welchem die Referenzstrecke endet.

Ankunftszeit

Der Wert „Ankunftszeit“ gibt die Zeit an, zu welcher der Zug im Ankunftsbahnhof ankommt. Er ermöglicht zusammen mit den übrigen Werten die Ermittlung der Fahrzeiten der Referenzstrecke.

3.1.2 Auswertung

Die Auswertung des unter Kapitel 3.1.1 beschriebenen Datensatzes erfolgt im Wesentlichen mit den technischen Möglichkeiten, die LibreOffice Calc mitbringt, besonders wichtig ist hierbei die Auto-Filter-Funktion. Diese Auswertung erfolgt auf unterschiedliche Arten.

Die Ermittlung der Zugzahlen erfolgte grundsätzlich ohne die saisonalen Verkehre und diejenigen Züge, welche mit anderen Zügen gekuppelt verkehren. Im Schienenpersonennah- und -fernverkehr erfolgt die Ermittlung der täglichen Zugpaare nach Wochentagen und Wochenendtagen getrennt. Hierbei ist die schwächer ausgelastete Richtung und der jeweils am schwächsten ausgelastete Tag relevant. Hierzu wird das Fahrplanjahr, der betreffende Grenzübergang und die gewünschten Zugkategorien mittels der Auto-Filter-Funktion ausgewählt und die Zugzahlen durch Nachzählen bestimmt. Dieses erfolgt für jeden Eintrag der Tabellen des Kapitels 3.2 separat. Angaben zu Takten lassen sich aus den Daten der Referenzstrecke ablesen.

Die Bestimmung der Zugzahlen im Nachtzugverkehr, wozu alle Züge mit Schlaf- und Liegewagen zählen, erfolgte wochenweise ohne Einbeziehung von mit anderen Zügen gekuppelten sowie saisonalen Zügen. Auch hierbei wurde nach den entsprechenden Fahrplanjahren, den betrachteten Grenzübergängen und der entsprechenden Zugkategorie gefiltert. Die Zugzahlen wurden wiederum durch Auszählen bestimmt.

Die Ermittlung der Fahrzeiten für die Referenzstrecke erfolgte mittels Differenzbildung in einer separaten Spalte „Dauer“ innerhalb der Datentabelle und unter Beachtung der Auswirkungen auf Züge, welche über Mitternacht hinweg verkehrten. Es werden alle Züge betrachtet, die nicht mit anderen Zügen vereinigt oder nur saisonal verkehrten, wobei die Filterung wie oben beschrieben erfolgte. Anschließend wurde über alle Züge beider Fahrtrichtungen das arithmetische Mittel mittels der „Mittelwert“-Angabe in der Statusleiste von LibreOffice Calc unabhängig von ihren Verkehrstagen berechnet.

Die auf diese Weise ermittelten Angaben wurden händisch in die in Kapitel 3.2 dargestellten Tabellen übertragen. Anschließend wurden diese Tabellen ausgewertet.

Ein qualitativ hochwertiger grenzüberschreitender Verkehr zeichnet sich durch eine hohe Zuganzahl, welche eine flexible Reiseplanung ermöglicht, aus. Ebenfalls sind kurze Fahrzeiten der grenzüberschreitend verkehrenden Züge für den Fahrgast relevant. Der Nahverkehr sowie der Fern- und Nachtzugverkehr werden unabhängig betrachtet, da diese unterschiedlichen Verkehrsbedürfnissen dienen.

3.2 Untersuchung der Entwicklung des grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehrs

In diesem Kapitel werden die mittels der in Kapitel 3.1 vorgestellten Methodik ermittelten Ergebnisse vorgestellt. Dabei erfolgt zunächst ein Gesamtüberblick auf den betrachteten Grenzverkehr und anschließend werden die Übergänge nach Kategorien und Ländern untersucht.

3.2.1 Gesamtüberblick über die Entwicklung des grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehrs

Insgesamt wurden 1.623 Züge zur Auswertung herangezogen. Die Aufteilung nach den Zugkategorien ist der Tabelle 4 zu entnehmen. Insgesamt werden 216 Nachzüge, 302 Fernreisezüge und 1.105 Regionalzüge betrachtet. Der Regionalverkehr stellt somit etwa 68,1 % des Datensatzes dar.

Zugkategorie

Anzahl

Nachtzüge (N)

216

Hochgeschwindigkeitszüge (ICE)

74

Schnellzüge (IC)

160

langsamer Fernzug (IR)

68

schneller Regionalverkehr (RE)

233

langsamer Regionalverkehr (RB)

872

Tabelle 4: Anzahl der Züge im Datensatz nach Zugkategorie

Eigene Darstellung.

Bei einer Betrachtung der Entwicklung der Grenzübergänge im Zeitverlauf fällt auf, dass das insgesamt betrachtete Verkehrsaufkommen zugenommen hat. Ebenso ist die Zugzahl auf den meisten Übergängen angestiegen. In der Tabelle 5 sind die Zugzahlen nach Fahrplanjahren und Grenzübergängen dargestellt.

Grenzübergang

1985

1992/93

1997/98

2004/05

2008/09

2017/18

Frankfurt (Oder) – Kunowice

18

20

26

18

28

14

Schöna – Dolní Žleb

32

29

20

26

38

46

KehlStrasbourg

39

54

28

46

73

70

Emmerich – Zevenaar

32

28

28

17

28

52

Küstrin-Kietz Kostrzyn

0

14

22

35

35

43

Schirnding - Cheb

4

12

12

21

30

26

Perl – Apach

3

2

0

0

4

4

Gronau – Enschede

0

0

0

68

74

76

Grambow – Szczecin‑Gumieńce

0

8

8

18

19

20

SebnitzDolní Poustevna

0

0

0

0

0

18

Kapsweyer – Wissembourg

0

0

43

38

42

45

Ihrhove – Nieuweschanz

4

6

6

26

23

0

Gesamt

132

173

193

313

394

418

Tabelle 5: Anzahl der Züge im Datensatz nach Fahrplanjahr und Grenzübergang

Eigene Darstellung.

Erkennbar ist, dass die Gesamtzahl der in die Betrachtung einfließenden Züge und Grenzübergänge mit der Zeit gestiegen ist. Eine Häufigkeitsbetrachtung erfolgt in den nachfolgenden Kapiteln.

3.2.2 Entwicklung des grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehrs an europäisch bedeutenden Grenzübergängen

Betrachtet man die Entwicklung des grenzüberschreitenden Bahnverkehrs an europäisch bedeutenden Grenzübergängen, so ergibt sich ein ambivalentes Bild. Der Tabelle 6 lässt sich die Entwicklung der einzelnen Grenzübergänge im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) entnehmen.

Grenzübergang

1985

1992/93

1997/98

2004/05

2008/09

2017/18

Frankfurt (Oder) – Kunowice

0 / 0

0 / 0

2 / 2

3 / 3

3 / 3

2 / 2

Schöna – Dolní Žleb

1 / 1

2 / 2

0 / 0

0 / 6

7 / 7

11 / 9

KehlStrasbourg

5 / 5

13 / 13

7 / 7

10 / 12

22 / 14

19 / 11

Emmerich – Zevenaar

1 / 0

0 / 0

0 / 0

0 / 0

0 / 0

18 / 17

Tabelle 6: Zugpaare im Regionalverkehr an europäisch bedeutenden Grenzübergängen pro Tag (Mo-Fr / Sa,So)

Eigene Darstellung.

Der SPNV auf dem Übergang Frankfurt (Oder) – Kunowice bewegt sich seit den 1990er-Jahren auf einem niedrigen Niveau. Die Züge verkehren zwischen Frankfurt (Oder) und Rzepin. Einige sind bis Berlin, Zielona Góra oder Poznań verlängert.

Im Verkehr auf dem Übergang Schöna Dolní Žleb bestanden in den 1980er-Jahren und Anfang der 1990er-Jahre einzelne Zugpaare im Berufs- und Ausflugsverkehr zwischen Dresden und Děčín. In den späten 1990er-Jahren erfolgte der grenzüberschreitende Verkehr ausschließlich im Fernverkehr. Die Nahverkehrszüge endeten jeweils vor der Staatsgrenze. Im den 2000er-Jahren wurde der grenzüberschreitende SPNV zunächst im Ausflugsverkehr zwischen Děčín und Bad Schandau wieder aufgenommen. Ein Zugpaar wurde bis Dresden verlängert. In den späten 2000er-Jahren erfolgte dann ein täglicher Betrieb im Zweistundentakt zwischen Děčín und Bad Schandau. In den 2010er-Jahren erfolgte die Verlängerung der Verkehre bis Rumburk über den Grenzübergang Sebnitz – Dolní Poustevna, welcher in Kapitel 3.2.4 betrachtet wird.

Der SPNV auf dem Übergang Kehl – Strasbourg ist stark vom Vorortverkehr zwischen Offenburg und Strasbourg geprägt. In den 1980er-Jahren beschränkte sich der SPNV auf einzelne Zugpaare. Anfang der 1990er-Jahre bestand ein unregelmäßiges Angebot, welches etwa stündlich verkehrte, jedoch nur über einen stark eingeschränkten Betriebszeitraum verfügte. Ende der 1990er-Jahre wurde das Angebot auf einen angenäherten Zweistundentakt ausgedünnt. Anfang der 2000er-Jahre wurde das Angebot unregelmäßiger, die Zugzahl ist jedoch gestiegen. Auffällig ist hierbei, dass Züge der DB Regio und der Ortenau-S-Bahn auf derselben Linie mit teilweise denselben Fahrzeiten verkehrten. Im Fahrplanjahr 2008/09 war der Betrieb auf einen halbstündlichen Grundtakt ausgelegt, wobei jedoch zahlreiche Takte entfielen. Das Angebot hat sich im Vergleich zum Fahrplanjahr 2004/05 ungefähr verdoppelt. Die Betriebsdurchführung erfolgte weiterhin von zwei Unternehmen. Zum aktuellen Fahrplan hat sich wenig verändert. Die Betriebsführung obliegt jedoch ausschließlich der Südwestdeutsche Landesverkehrs-AG. Parallel zur Eisenbahnstrecke verkehrt mittlerweile eine Linie der Straßenbahn Strasbourg, sodass für Fahrgäste zwischen Kehl und Strasbourg Alternativen zur Verfügung stehen.

Der SPNV zwischen Emmerich und Zevenaar bestand in den 1980er-Jahren aus einem Zugpaar, welches an Arbeitstagen frühmorgens von Arnhem nach Emmerich und zurück verkehrte. Anschließend war über mehrere Jahrzehnte der SPNV zwischen Emmerich und Zevenaar eingestellt. Die Züge endeten in Emmerich und Zevenaar. Für den grenzüberschreitenden Verkehr musste auf Fernreisezüge umgestiegen werden, die jedoch seit dem Einsatz von mehrsystemfähigen ICE 3 ohne Halt zwischen Oberhausen und Arnhem verkehrten. Die Reisezeiten und Fahrpreise waren für den „kleinen Grenzverkehr“ nicht ansatzweise konkurrenzfähig. Seit April 2017 wurde eine grenzüberschreitende Regionalexpresslinie zwischen Düsseldorf und Arnhem eingeführt, welche die bisher in Emmerich endenden Züge ersetzt11. Dadurch besteht im grenzüberschreitenden SPNV ein Stundentakt mit ausgedehnten Betriebszeiten.

Bei der Betrachtung des Schienenpersonenfernverkehrs (SPFV) ergibt sich ein ambivalentes Bild bei der Entwicklung der Anzahl der täglichen Zugpaare, welche der Tabelle 7 zu entnehmen ist.

Grenzübergang

1985

1992/93

1997/98

2004/05

2008/09

2017/18

Frankfurt (Oder) – Kunowice

1 / 1

1 / 1

4 / 4

3 / 3

3 / 3

5 / 4

Schöna – Dolní Žleb

3 / 3

2 / 2

6 / 6

6 / 6

6 / 6

6 / 6

KehlStrasbourg

4 / 4

4 / 4

5 / 5

7 / 7

5 / 4

8 / 7

Emmerich – Zevenaar

12 / 12

9 / 9

9 / 9

7 / 7

6 / 5

7 / 6

Tabelle 7: Zugpaare im Fernverkehr an europäisch bedeutenden Grenzübergängen pro Tag (Mo-Fr / Sa,So)

Eigene Darstellung.

Die Zugzahlen am Grenzübergang Frankfurt (Oder) – Kunowice haben sich seit den 1980er-Jahren steigern können, liegen mit fünf Zugpaaren allerdings auf einem niedrigen Niveau. Betrieblich ergibt sich ein Zwei- bis Dreistundentakt, der auf polnischem Staatsgebiet aufgeweicht ist.

Auf dem Grenzübergang Schöna Dolní Žleb hat sich die Zahl der täglichen Fernreisezüge zwischen dem Fahrplanjahr 1985 und dem Fahrplanjahr 1997/98 verdoppelt. Es besteht seit den späten 1990er-Jahren ein Zweistundentakt.

Im grenzüberschreitenden Verkehr am Grenzübergang Kehl – Strasbourg haben sich die Zugzahlen seit dem Fahrplanjahr 1985 verdoppelt. Die Verkehre sind teilweise vertaktet. Seit Mitte der 2000er-Jahre wird der SPFV hauptsächlich von Hochgeschwindigkeitszügen des TGV-Systems und einzelnen ICE-Zügen befahren.

Bei der Betrachtung des internationalen SPFV auf dem Übergang Emmerich – Zevenaar fällt auf, dass dieser im Gegensatz zu den übrigen Übergängen einen Rückgang der Zugzahlen im SPFV zu verzeichnen hat. Während im Fahrplanjahr 1985 täglich zwölf Zugpaare, überwiegend D-Züge, zeitweise im Stundentakt verkehrten, besteht im Fahrplanjahr 2017/18 ein Zweistundentakt mit InterCity-Express-Zügen.

Im Fernverkehr ist neben der Anzahl der täglichen Zugpaare auch die Fahrzeit relevant. Für die europäisch bedeutenden Grenzübergänge sind die Fahrzeiten der verwendeten Referenzstrecken in der Tabelle 8 dargestellt.

Relation (Grenzübergang)

1985

1992/93

1997/98

2004/05

2008/09

2017/18

Berlin Ostbf. – Warszawa Wschodnia

(Frankfurt (Oder) – Kunowice)

07:52h

06:31h

06:35h12

06:01h

05:55h

06:35h

Dresden Hbf – Praha‑Holešovice

(Schöna – Dolní Žleb)

03:54h13

02:45h

02:36h

02:16h

02:07h

02:05h

Karlsruhe Hbf – Strasbourg Ville

(KehlStrasbourg)

01:07h

01:09h

00:56h

00:57h

00:44h

00:40h

Köln Hbf – Amsterdam Centraal

(Emmerich – Zevenaar)

03:14h

02:38h

02:41h

02:35h

02:37h

02:42h

Tabelle 8: Durchschnittliche Fahrzeiten im Schienenpersonenfernverkehr an europäisch bedeutenden Grenzübergängen

Eigene Darstellung.

Für alle Grenzübergänge fällt auf, dass sich die Fahrzeiten im Fernverkehr seit den 1980er-Jahren erheblich reduziert haben. Die durchschnittliche Fahrzeit zwischen Berlin Ostbf. und Warszawa Wschodnia sank von 07:52 h im Fahrplanjahr 1985 auf 05:55 h im Fahrplanjahr 2008/09. Dieses entspricht einem Rückgang um 24,8 %. Zum Fahrplanjahr 2017/18 ist die Fahrzeit wieder auf 06:35 h gestiegen. Die Ursache hierfür ist in einer regen Bautätigkeit zu suchen.

Die Fahrzeiten zwischen Dresden Hbf und Praha‑Holešovice sind von 03:54 h auf 02:05 h gesunken, ein Rückgang um 46,6 %. Mit 02:05h ist die Fahrzeit jedoch weiterhin auf einem für die Entfernung hohen Niveau. Erklärbar ist der Fahrzeitrückgang mit dem Entfall der zeitaufwändigen Grenzabfertigung und mit der Erhöhung der Fahrgeschwindigkeiten nach der Wende.

Die Fahrzeiten zwischen Karlsruhe Hbf und Strasbourg Ville haben sich mit dem Wegfall der Grenzabfertigung in Kehl mit dem Inkrafttreten des Schengener Abkommens im Jahr 199514 signifikant verkürzt. Eine weitere Verkürzung trat mit dem Beginn des grenzüberschreitenden Hochgeschwindigkeitsverkehrs in den 2000er-Jahren ein.

Bei Betrachtung der Fahrzeiten zwischen Köln Hbf und Amsterdam Centraal ergibt sich ebenfalls eine erhebliche Fahrzeitverkürzung um etwa eine halbe Stunde zwischen den Fahrplanjahren 1985 und 1992/93. Diese ist hauptsächlich mit einer Haltezeitverkürzung in Duisburg Hbf zu erklären. Der Wechsel von lokbespannten Zügen mit Lokwechsel in Emmerich hin zu mehrsystemfähigen ICE-Zügen hat nur geringe Auswirkungen auf die Fahrzeit.

Neben dem SPFV ist auch der Nachtzugverkehr für den grenzüberschreitenden Fernreiseverkehr relevant. Die Entwicklung der wöchentlichen Zugzahlen an den europäisch bedeutenden Grenzübergängen ist der Tabelle 9 zu entnehmen.

Grenzübergang

1985

1992/93

1997/98

2004/05

2008/09

2017/18

Frankfurt (Oder) – Kunowice

50

42

41

16

14

3

Schöna – Dolní Žleb

42

35

7

7

14

0

KehlStrasbourg

7

7

14

7

7

1

Emmerich – Zevenaar

21

28

14

7

17

0

Tabelle 9: Zugpaare im Nachtzugverkehr an europäisch bedeutenden Grenzübergängen pro Woche

Eigene Darstellung.

An allen Grenzübergängen ist die Zahl der wöchentlichen Nachtzugverbindungen gesunken. An den Grenzübergängen Schöna Dolní Žleb und Emmerich – Zevenaar verkehren aktuell keine Nachtzüge mehr.

Auf dem Grenzübergang Frankfurt (Oder) – Kunowice fuhren im Fahrplanjahr 1985 wöchentlich 50 Nachtzüge. Der grenzüberschreitende Verkehr bestand damals fast ausschließlich aus Nachtzügen. Im Tagesverkehr war lediglich ein tägliches Zugpaar unterwegs. Während im Tagesverkehr die Zahl der täglichen Züge anstieg, wie in Tabelle 7 (siehe oben) ersichtlich ist, sank die Zugzahl im Nachtzugverkehr. Ursächlich sind hier die Beschleunigung des Tagesverkehrs, die Kürzung der Zugläufe und die zunehmende Automobilisierung.

Der Grenzübergang Schöna Dolní Žleb wurde im Fahrplanjahr 1985 noch von 42 Zügen wöchentlich befahren, die durch einzelne saisonale Mehrleistungen ergänzt wurden. Hier lässt sich erkennen, dass das Nachtzugangebot in den 1990er-Jahren stark gesunken ist. Zeitgleich mit der Reduktion des Nachtzugverkehrs wurde ein Zweistundentakt im Tagesverkehr eingeführt.

Das Nachtzugangebot auf dem Grenzübergang Kehl – Strasbourg war stark vom saisonalen Verkehr geprägt. Auch hier führte die Verbesserung des Tagesverkehrs zu einer Abnahme des Nachtzugverkehrs. Im Fahrplanjahr 2017/18 verkehrt nur ein Zugpaar der Relation Moskwa – Paris wöchentlich im Nachtzugverkehr über diesen Grenzübergang.

Der Nachtzugverkehr auf dem Grenzübergang Emmerich – Zevenaar unterlag seit den 1980er-Jahren starken Schwankungen. So bestand im Fahrplanjahr 2004/05 das Nachtzugangebot nur aus einem täglichen Zugpaar. Im Fahrplanjahr 2008/09 hat die Zahl der Züge wieder zugenommen. Im Gegensatz zu den übrigen Grenzübergängen ist die Zahl der grenzüberschreitenden Züge des SPFV nicht parallel gestiegen.

3.2.3 Entwicklung des grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehrs an überregional bedeutenden Grenzübergängen

Der internationale Zugverkehr an überregional bedeutenden Grenzübergängen ist stark vom SPNV geprägt. Die zeitliche Entwicklung der Zugzahlen im Nahverkehr ist der Tabelle 10 zu entnehmen.

Grenzübergang

1985

1992/93

1997/98

2004/05

2008/09

2017/18

Küstrin-Kietz – Kostrzyn

0 / 0

5 / 5

11 / 11

17 / 17

16 / 16

18 / 18

Schirnding - Cheb

0 / 0

2 / 2

3 / 3

7 / 9

9 / 11

13 / 13

Perl – Apach

1 / 0

1 / 0

0 / 0

0 / 0

0 / 2

0 / 2

Gronau – Enschede

0 / 0

0 / 0

0 / 0

33 / 24

33 / 32

35 / 32

Tabelle 10: Zugpaare im Nahverkehr an überregional bedeutenden Grenzübergängen pro Tag (Mo-Fr / Sa,So)

Eigene Darstellung.

Auffällig ist, dass dem SPNV auf allen überregional bedeutenden Grenzübergängen in den 1980er-Jahren praktisch keine Bedeutung zukam. Die Eisenbahngrenzübergänge waren mit Ausnahme des Übergangs Gronau – Enschede sämtlich für den Güterverkehr befahrbar.

Auf dem Grenzübergang Küstrin-Kietz – Kostrzyn verkehrten im Fahrplanjahr 1992/93 fünf tägliche Zugpaare, welche in Küstrin-Kietz endeten. Ferner verkehrten an Freitagen und Samstagen zwei durchgehende Eilzüge zwischen Gorzów und Berlin-Lichtenberg. Das Fahrtenangebot wurde in den 1990er-Jahren auf einen Zweistundentakt zwischen Kostrzyn und Berlin-Lichtenberg verdichtet, welcher dann Anfang der 2000er-Jahre auf einen Stundentakt verdichtet wurde. In den späten 2000er-Jahren verkehrte ein tägliches Nachtzugpaar zwischen Gdynia und Berlin über diesen Grenzübergang.

Der Verkehr auf dem Grenzübergang Schirnding – Cheb war in den 1980er-Jahren, auch weil die Grenze Teil des „Eisernen Vorhangs“ war, ausschließlich von zwei Fernzugpaaren geprägt, welche Praha mit Stuttgart und Frankfurt verbanden. Im Nahverkehr verkehrten in den 1990er-Jahren einzelne Zugpaare zwischen Marktredwitz und Cheb. Im Fahrplanjahr 1997/98 verkehrten ergänzend zu den Regionalzügen zwei Fernzugpaare zwischen Dortmund und Praha sowie zwischen Marktredwitz und Liberec, die mit dem Regionalverkehr vertaktet waren. Im Fahrplanjahr 2004/05 verkehrten keine Fern- und Nachtzüge mehr, allerdings verkehren Regionalzüge im Zweistundentakt zwischen Marktredwitz und Cheb. Im Fahrplanjahr 2008/09 wurde der Verkehr um einzelne Regionalexpresszüge zwischen Nürnberg und Cheb ergänzt, die überwiegend am Wochenende verkehrten. Im Fahrplanjahr 2017/18 verkehren sowohl die Regionalbahn von Marktredwitz als auch der Regionalexpress von Nürnberg im Zweistundentakt nach Cheb, der Regionalexpress hat allerdings nur einen eingeschränkten Bedienzeitraum.

Im grenzüberschreitenden Verkehr über den Grenzübergang Perl – Apach verkehrte in den Fahrplanjahren 1985 und 1992/93 ein Zugpaar an sechs Tagen der Woche. Um die Jahrtausendwende verkehrten im grenzüberschreitenden Verkehr ausschließlich Güterzüge. In den Fahrplanjahren 2008/09 und 2017/18 verkehren jeweils zwei Zugpaare an Samstagen und Sonntagen zwischen Trier und Metz. Ein wesentlich dichteres Angebot besteht von Deutschland aus bis Perl und von Frankreich aus bis Apach. Beide Bahnhöfe liegen lediglich 1,6 km auseinander15, sodass eine Durchbindung nicht mit wesentlich höheren Kosten für den Bahnbetrieb verbunden wäre.

Ein besonders positives Beispiel sowohl für den grenzüberschreitenden Bahnverkehr als auch für die erfolgreiche Reaktivierung einer Bahnstrecke stellt der Grenzübergang Gronau – Enschede dar. Nachdem die Strecke für etwa 20 Jahre nicht in Betrieb war, erfolgte im Jahr 2001 die Reaktivierung des neun Kilometer langen grenzüberschreitenden Abschnitts zwischen Gronau und Enschede16. Der Verkehr erfolgt mit den Linien RB 51 Dortmund – Enschede und RB 64 Münster (Westf) – Enschede, welche sich im grenzüberschreitenden Abschnitt auf einen Halbstundentakt ergänzen. Hierdurch ergibt sich die für alle Grenzübergänge höchste Zugzahl von bis zu 35 Zugpaaren pro Tag.

3.2.4 Entwicklung des grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehrs an regional bedeutenden Grenzübergängen

Neben den europäisch und überregional bedeutenden Grenzübergängen bestehen noch weitere grenzüberschreitende regional bedeutende Verkehre. Auf den hierbei betrachteten Grenzübergängen besteht ausschließlich Regionalverkehr. Fern- und Nachtzüge sind im Betrachtungszeitraum nicht über einen der entsprechenden Grenzübergänge gefahren. Die Entwicklung der Zugzahlen des SPNV an den entsprechenden Übergängen ist in Tabelle 11 ersichtlich.

Grenzübergang

1985

1992/93

1997/98

2004/05

2008/09

2017/18

Grambow – Szczecin‑Gumieńce

0 / 0

2 / 2

4 / 4

8 / 8

8 / 8

8 / 7

Sebnitz Dolní Poustevna

0 / 0

0 / 0

0 / 0

0 / 0

0 / 0

9 / 8

Kapsweyer – Wissembourg

0 / 0

0 / 0

16 / 13

16 / 13

16 / 13

16 / 12

Ihrhove – Nieuweschanz

2 / 2

3 / 2

3 / 2

7 / 6

8 / 7

0 / 017

Tabelle 11: Zugpaare im Nahverkehr an regional bedeutenden Grenzübergängen pro Tag (Mo-Fr / Sa,So)

Eigene Darstellung.

Der SPNV auf dem Grenzübergang Grambow Szczecin‑Gumieńce war in den 1980er-Jahren eingestellt. Im Fahrplanjahr 1992/93 verkehrten zwei tägliche Zugpaare, die zeitweise um zwei weitere verstärkt wurden. Im Fahrplanjahr 1997/98 wurde ein Vierstundentakt zwischen Pasewalk und Szczecin angeboten. Ein Zweistundentakt wurde im Fahrplanjahr 2004/05 angeboten, welcher bis Hagenow verlängert wurde. Seit Mitte der 2000er-Jahre besteht ein Zweistundentakt zwischen Lübeck und Szczecin. Die Fahrzeiten zwischen Pasewalk und Szczecin Główny haben sich von einer Stunde in den späten 1990er-Jahre auf 39 Minuten im Fahrplanjahr 2008/09 reduziert.

Auf dem Grenzübergang Sebnitz – Dolní Poustevna erfolgte im Jahr 2014 die Reaktivierung des 1,3 Kilometer langen Abschnittes zwischen Dolní Poustevna und Sebnitz18. Der Betrieb erfolgt im Zweistundentakt mit Regionalbahnen zwischen Rumburk und Děčín, welche ebenfalls den Grenzübergang Schöna Dolní Žleb nutzen.

Der Grenzübergang Kapsweyer Wissembourg wurde in den 1990er-Jahren reaktiviert. seitdem besteht im Regionalverkehr ein ungefährer Stundentakt zwischen Neustadt (Weinstr.) und Wissembourg. Im Wochenendverkehr sind einzelne Züge bis Koblenz, Mainz und Strasbourg verlängert.

Der Grenzübergang Ihrhove – Nieweschanz wurde im Fahrplanjahr 1985 zweimal pro Tag in der Relation Oldenburg (Oldb) – Groningen bedient. Im Fahrplanjahr 1992/93 verkehrten drei Zugpaare pro Tag zwischen Leer und Groningen, wobei ein Zugpaar an Sonntagen nicht verkehrte. Im Fahrplanjahr 2004/05 wurde ein Zweistundentakt zwischen Leer und Nieuweschanz gefahren, wobei in Nieuweschanz zur Weiterfahrt nach Groningen umgestiegen werden musste. An Sonntagen verkehrten die Züge in abweichenden Fahrplanlagen. Im Fahrplanjahr 2008/09 bestanden wieder durchgehende Verbindungen zwischen Leer und Groningen im Zweistundentakt, wobei in Richtung Groningen die Züge sonntags in anderen Fahrplanlagen verkehrten. Der Betrieb ist längerfristig eingestellt, nachdem ein Schiff mit einer Eisenbahnbrücke kollidiert ist.

4 Erfolgsfaktoren grenzüberschreitender Verkehre

Bei Betrachtung der Ergebnisse aus Kapitel 3.2 ist ersichtlich, dass sich ähnliche Grenzübergänge zu verschiedenen Staaten unterschiedlich entwickelt haben. Ebenso bestehen Unterschiede zwischen unterschiedlichen Grenzübergängen zu denselben Staaten.

Ein erfolgreicher Grenzverkehr zeichnet sich durch eine hohe Nachfrage aus, welche ein entsprechendes Verkehrsangebot verlangt. Da Daten zur Verkehrsnachfrage im Allgemeinen nicht öffentlich zugänglich sind, wird die Bewertung des Erfolges grenzüberschreitender Verbindungen ausschließlich auf Fahrplankriterien wie Zugzahlen und Fahrzeiten gestützt.

4.1 Gesamtbetrachtung der Erfolgsfaktoren grenzüberschreitender Verkehre

Während noch in den 1980er-Jahren der internationale Zugverkehr vom Fern- und Nachtzugverkehr dominiert wurde, so bestimmt in den letzten Jahren zunehmend der Regionalverkehr das Bild an den Eisenbahngrenzübergängen. Insbesondere in den letzten Jahren wurde an vielen Eisenbahngrenzübergängen der Nahverkehr reaktiviert oder deutlich intensiviert, was insbesondere dem „kleinen Grenzverkehr“ zugutekommt.

Neben der Zunahme des Regionalverkehrs lässt sich auch eine verstärkte Vertaktung im Regional- und Fernverkehr beobachten. In den 1980er-Jahren und teilweise auch in den frühen 1990er-Jahren dominierten nachfrageorientierte Fahrpläne, bei welchen das Fahrtenangebot zeitlich an die Nachfrage angepasst wird. In neueren Fahrplanperioden hingegen wird das Bild zumeist von Taktfahrplänen geprägt, welche sich auf das Fahrtenangebot fokussieren und somit zu den angebotsorientierten Fahrplänen gehören.

Bei der Betrachtung der Verkehrsangebote lassen sich unterschiedliche Ansätze der Eisenbahnen der Nachbarländer hinsichtlich der Vertaktung ihrer Verkehre erkennen. Während zu den Niederlanden seit jeher die vertakteten Verkehre überwiegen, waren insbesondere in den Fahrplanjahren 1985 und 1992/93 an den übrigen Eisenbahngrenzübergängen unregelmäßige Fahrpläne üblich.

Im Zeitverlauf haben sich an den meisten Eisenbahngrenzübergängen vertaktete Verkehre durchgesetzt. Wenn kein Taktfahrplan besteht, liegt dieses daran, dass das Verkehrsangebot sehr gering ist, wie auf dem Grenzübergang Perl – Apach oder im Regionalverkehr auf dem Grenzübergang Frankfurt (Oder) – Kunowice.

Im Betrachtungszeitraum wurde der SPNV auf mehreren Grenzübergängen neu aufgenommen oder erheblich verdichtet. Die wohl erfolgreichste Reaktivierung ist die der Strecke Gronau – Enschede, auf welcher ganztägig ein alternierender Halbstundentakt zwischen Enschede und Münster bzw. Dortmund besteht. Aber auch der Verkehr auf dem Übergang Kehl – Strasbourg verlangt zeitweise nach einem Halbstundentakt im Regionalverkehr. Beiden stark ausgelasteten Übergängen ist gemein, dass sich in Grenznähe mit den Städten Enschede und Strasbourg ein Oberzentrum befindet, welches seine Funktionen auf die grenznahe Region im jeweils benachbarten Staat erstreckt. Durch den Wegfall der Grenzabfertigung ist es ohne größeren Aufwand möglich grenzüberschreitende Fahrten zu unternehmen. Ein weiterer Vorteil ist ein staatenübergreifender Tarif. Mit dem Europass sind grenzüberschreitende Verkehre zwischen den grenznahen Regionen der Ortenau und Strasbourg möglich19. Die Bahnstrecke Gronau – Enschede liegt vollumfänglich im Münsterlandtarif, sodass es einen durchgehenden Tarif für den grenzüberschreitenden Bahnverkehr sowie für die Busse auf deutscher Seite gibt20. Der Stadtverkehr in Enschede ist nicht in diesen Tarif integriert, die Innenstadt ist jedoch fußläufig vom Bahnhof erreichbar. Hierdurch entstehen keine Nachteile, wie sie bei der Anwendung der Anstoßtarifierung entstünden.

Bei der Betrachtung der Verkehrssituation am Eisenbahngrenzübergang Perl – Apach und auch am Eisenbahngrenzübergang Sebnitz Dolní Poustevna in den früheren Jahren, fällt auf, dass der nicht oder nur unzureichend bediente Abschnitt teilweise nur wenige Kilometer beträgt. Hier sind die Ursachen in der fehlenden Kooperation zwischen benachbarten Aufgabenträgern und den höheren Kosten für eine Mehrsystemausrüstung der Fahrzeuge zu suchen.

In der Betrachtung der erfolgreichen Grenzübergänge ist die gemeinsame Kooperation zwischen den zuständigen Akteuren beider beteiligten Staaten besonders wichtig. Auffällig ist, dass dort, wo der internationale SPNV besonders nachfragestark ist, die grenznahen Regionen auch außerhalb des Verkehrssektors stark kooperieren. Ein weiterer Ansatz, auch vor dem Hintergrund der europäischen Relevanz des staatenübergreifenden Eisenbahngrenzverkehrs, wäre die Übernahme der Kosten für den grenzüberschreitenden Verkehr durch die Europäische Union. Diese Kostenübernahme käme auch den grenznahen Regionen zugute, welche oft Passivräume darstellen.

Das Verkehrsangebot im SPFV liegt auf allen europäisch bedeutenden Grenzübergängen unterhalb des Niveaus, welches auf vergleichbaren nationalen Übergängen erreicht wird. Dieses lässt sich auf den vergleichsweise geringen Anteil besonders schneller Verbindungen zurückführen, da in vielen Fällen die Hochgeschwindigkeitsstrecken nach den Belangen des nationalen Verkehrs geplant werden. Ergänzend muss allerdings auch von einer tendenziell geringeren Nachfrage im internationalen Zugverkehr ausgegangen werden, sodass für eine stärkere europäische Kohäsion eine verstärkte Vernetzung und Kooperation zwischen den Zentren der einzelnen Staaten erforderlich ist.

Im SPNV haben sich die Zugzahlen häufig mit der Einführung von Taktfahrplänen deutlich steigern lassen. Ein hierdurch geschaffenes Angebot ist durchaus tragfähig, so wurden auf keinem der betrachteten Grenzübergänge die Zugzahlen im SPNV in den Jahren nach der Einführung eines Taktfahrplans wieder signifikant reduziert. Einzige Ausnahme bildet der Eisenbahngrenzübergang Ihrhove – Nieuweschanz, wo die Angebotsreduzierung jedoch ausschließlich mit der Unbefahrbarkeit der Strecke zusammenhängt.

Die Zunahme der Zugzahlen im SPFV auf den Eisenbahngrenzübergängen hängt mit dem Rückgang der Fahrzeiten und der damit verbundenen Verlagerung des Verkehrs vom Nacht- zum Tagesverkehr zusammen. Insbesondere an den Eisenbahngrenzübergängen zu Polen und Tschechien konnte die Zunahme der Tagesverbindungen den Rückgang im Nachtverkehr nicht kompensieren. Dieses wird durch die zunehmende Verbreitung des Automobils begünstigt. Eine Verstärkung des internationalen Zugverkehrs könnte mit einer allgemeinen Verbesserung der Marktsituation für den Eisenbahnverkehr erreicht werden, sodass Fernreisen mit der Bahn für breitere Bevölkerungsschichten wieder selbstverständlich würden.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass ein erfolgreicher grenzüberschreitender Eisenbahnverkehr stark mit einer gesamtgesellschaftlichen grenzüberschreitenden europäischen Kooperation zusammenhängt.

4.2 Erfolgsfaktoren des grenzüberschreitenden SPNV

Ein erfolgreicher grenzüberschreitender SPNV benötigt eine hinreichend hohe Fahrgastnachfrage. Diese hängt stark von den allgemeinen Verkehrsströmen ab. Für jede Person ist die einfache und schneller Erreichbarkeit zentraler Orte ein wichtiger Faktor, da in diesen die erforderlichen Besorgungen getätigt werden können. Können grenznahe Orte ihre zentralörtliche Funktion über die Staatsgrenze hinaus entfalten, so wird dadurch eine grenzüberschreitende Verkehrsnachfrage generiert, welche insbesondere dem „kleinen Grenzverkehr“ dient.

Der Wegfall der Grenzkontrollen sowie gesteigerte Reisefreimengen im Zollrecht sorgten für eine Attraktivitätssteigerung der zentralen Orte in den Nachbarländern. Ein weiterer wichtiger Faktor ist eine gemeinsame Währung, da hierdurch Verluste durch den Währungsumtausch vermieden werden können und die Preise im Nachbarland dadurch günstiger werden. Ein weiterer begünstigender Faktor für die Nutzung des grenzüberschreitenden Verkehrs ist auch die leichtere Verfügbarkeit bestimmter Konsumgüter im entsprechenden Nachbarland.

Eine hohe Nachfrage nach internationalen Verkehrsdiensten begünstigt auch ein gutes Angebot, allerdings kann auch ein gutes Angebot eine erhöhte Nachfrage begünstigen. So führen schnelle und häufige Verbindungen zwischen Regionen auch zu einer Steigerung der Attraktivität diese zu nutzen. Ein verbesserter grenzüberschreitender SPNV kann durchaus auch dazu führen, dass die grenznahen Regionen stärken zusammenwachsen. Dieses ist durchaus im Interesse eines vereinten Europas.

4.3 Erfolgsfaktoren des grenzüberschreitenden SPFV

Der grenzüberschreitende SPFV ist nicht vom „kleinen Grenzverkehr“ abhängig, sondern dient insbesondere der großräumigen Verbindung von Regionen im Geschäfts- und Urlaubsverkehr.

Wichtig für einen fahrgastfreundlichen grenzüberschreitenden SPFV sind viele, möglichst vertaktete, Fahrten und kurze Fahrzeiten im grenzüberschreitenden Verkehr. Hier sind auf den meisten Eisenbahngrenzübergängen auf den europäisch bedeutenden Hauptstrecken Verbesserungen bezüglich der Vertaktung und der Fahrzeiten erreicht worden. Der zumeist bestehende Zweistundentakt ist jedoch deutlich schlechter als auf das Verkehrsangebot auf vergleichbaren nationalen Verbindungen, was auch mit dem insgesamt geringen Verkehrsaufkommen zusammenhängt.

Soll dem internationalen Zugverkehr eine stärkere Bedeutung zukommen, so ist es sinnvoll, die Fahrpreise für internationale Fahrten zu reduzieren und das Zugangebot zu intensivieren.

5 Zusammenfassung und Fazit

Der grenzüberschreitende Verkehr hat sich seit den 1980er-Jahren erheblich verändert. In den 1980er-Jahren war das Bild von langlaufenden Nachtzügen und internationalen Fernreisezügen geprägt. Regionalverkehr fand auf den Eisenbahngrenzübergängen kaum statt. Hierdurch fehlten für Reisende im „kleinen Grenzverkehr“ häufig attraktive Verbindungen. Der Nachtzugverkehr besitzt mittlerweile auf den betrachteten Übergängen nur eine untergeordnete Bedeutung. Der tagsüber verkehrende SPFV hingegen wurde vertaktet und deutlich verstärkt.

Die Fahrzeiten im SPFV sind seit den 1980er-Jahren signifikant gesunken. Der Rückgang der Fahrzeiten hängt hier mit dem europaweit erfolgenden Ausbau der Infrastruktur für höhere Fahrgeschwindigkeiten zusammen. Auch sind die zeitaufwändigen Kontrollen an den Grenzen entfallen. Eine weitere Verkürzung hat sich durch die zunehmende Vertaktung der Verkehre und der dadurch vereinfachten Integration der grenzüberschreitenden Züge in das nationale Fahrplangefüge ergeben. Auch der Entfall der Lokwechsel an den Grenzen wirkt sich positiv auf die Fahrzeiten des SPFV aus.

Es ist erkennbar, dass der internationale Eisenbahnverkehr gerade in den Jahren seit der Regionalisierung verstärkt vom SPNV geprägt ist. An mehreren Eisenbahngrenzübergängen wurde dieser reaktiviert, an den übrigen intensiviert. Auch die Vertaktung der Verkehre ist für den Reisenden eine erhebliche Verbesserung.

Das Zugangebot im grenzüberschreitenden Bahnverkehr hat sich seit der Liberalisierung steigern können. Im SPFV wird der grenzüberschreitende Zugverkehr trotz der Liberalisierung von den ehemaligen Staatsbahnen gewährleistet. Im SPNV hingegen übernehmen die ehemaligen Staatsbahnen mittlerweile nicht mehr auf allen Eisenbahngrenzübergängen den Zugverkehr.

Im Vergleich der Grenzübergänge zu den westlichen und den östlichen Nachbarländern ergibt sich insgesamt ein geteiltes Bild. Hier bestehen zu beiden Seiten positive Beispiele. So ist der Eisenbahngrenzübergang Kehl – Strasbourg durchgehend von einer hohen Zugdichte geprägt. Der Grenzübergang Küstrin‑Kietz – Kostrzyn wurde hingegen relativ kurz nach der Wende reaktiviert und besitzt ein seitdem stetig gesteigertes Zugangebot. Das Verkehrsangebot insgesamt ist allerdings zu den westlichen Nachbarländern höher als zu den östlichen Nachbarländern.

Zusammenfassend ist insbesondere im Schienenpersonennahverkehr eine erhebliche quantitative und damit verbundene qualitative Verbesserung des grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehrs zu verzeichnen. Auch die Zunahme und Vertaktung des internationalen Schienenpersonennah- und -fernverkehrs ist für den Fahrgast attraktiv.

Quellenverzeichnis

1 vgl. ALLIANZ PRO SCHIENE (2018): Grenzüberschreitende Eisenbahnstrecken, https://www.allianz-pro- schiene.de/wp-content/uploads/2018/09/180904-ApS-Elektrifiz.- Grenzuebergaenge.pdf, abgerufen am 2018-11-16.

2 vgl. BUNDESMINISTERIUM DES INNEREN (2014): Der Schengen-Raum, http://www.bpb.de/politik/hintergrund- aktuell/203499/25-jahre-schengen-raum, abgerufen am 2018-10-24, S. 2.

3 vgl. EUROPÄISCHE KOMMISSION (2018): About TEN-T, https://ec.europa.eu/transport/themes/infrastructure/about-ten-t_en, abgerufen am 2018-10-15.

4 vgl. Art. 21 RL 2016/797/EU, Richtlinie (EU) 2016/797 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Interoperabilität des Eisenbahnsystems in der Europäischen Union.

5 vgl. Art. 9 Abs. 1 VO 1371/2007/EG, Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr.

6 vgl. Art. 5 Abs. 3 VO 1370/2007/EG, Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates.

7 vgl. IHME, Joachim (2016): Bahnwesen, Werner Verlag, Darmstadt, S. 57.

8 vgl. FIEDLER, Joachim (2005), Bahnwesen, Werner Verlag, Darmstadt, S. 498.

9 vgl. EUROPÄISCHE KOMMISSION (2002), 2002/844/EG: Entscheidung der Kommission vom 23. Oktober 2002 zur Änderung der Richtlinie 2000/14/EG hinsichtlich des Termins für den Wechsel des Netzfahrplans im Eisenbahnverkehr.

10 Die Datentabelle befindet sich im Dateianhang. Dateiname: Fahrplandaten.ods

11 vgl. ABELLIO RAIL NRW (2017): Mit Abellio in die Niederlande – direkt und ohne Umsteigen mit dem neuen RE 19 , https://www.abellio.de/de/deutschland-nordrhein- westfalen/unternehmen-news/media-center/presse/mit-abellio-die-0, abgerufen am 2018-11-16.

12 Die Züge beginnen/enden aufgrund umfangreicher Bauarbeiten auf der Stadtbahn in Berlin-Lichtenberg. Die Fahrzeit mit der S-Bahn zwischen Berlin-Lichtenberg und Berlin Ostbf. beträgt etwa 10 Minuten.

13 Die Züge bedienen Praha hl.n. Die Fahrzeit mit der Metro zwischen Praha hl.n. und Praha‑Holešovice beträgt etwa 5 Minuten.

14 vgl. BUNDESMINISTERIUM DES INNEREN (2014): Der Schengen-Raum, http://www.bpb.de/politik/hintergrund- aktuell/203499/25-jahre-schengen-raum, abgerufen am 2018-10-24, S. 2.

15 vgl. SCHWEERS UND WALL (2014): Eisenbahnatlas Deutschland, 9. Auflage, Verlag Schweers + Wall GmbH, Aachen, S. 83.

16 vgl. ARBEITSGEMEINSCHAFT SCHIENENVERKEHR MÜNSTERLAND e.V (2011), 2001 - 2011: Zehn Jahre grenzenloser Nahverkehr zwischen Gronau und Enschede - eine Erfolgsstory, http://www.asm- muenster.de/front_content.php?idart=349&changelang=6, abgerufen am 2018-11-17.

17 Die Strecke (Leer –) Ihrhove – Nieuweschanz ist nach der Kollision eines Schiffes mit der Emsbrücke längerfristig gesperrt.

18 vgl. STEINKE, Sven (2014): VVO: Anschlusssituation in Sebnitz wird verbessert, http://www.zughalt.de/2014/11/vvo-anschlusssituation-in-sebnitz-wird- verbessert/, abgerufen am 2014-11-17.

19 vgl. ORTENAULINIE (2018): Grenzenlos Fahren!, https://www.ortenaulinie.de/,Lde/Startseite/Fahrkarten/strasbourg- ems.html, abgerufen am 2018-11-18.

20 vgl. BUS UND BAHN IM MÜNSTERLAND (2018): Tarifgebietsübersicht, http://www.bus-und-bahn-im- muensterland.de/bubim_files/pdf/Tarif/2018-05- 15%201b_Tarifgebietsuebersicht_Netz%20Muensterland_2016.pdf, abgerufen am 2018-11-18.